Starnberg:Andechser Verwirrspiele

Seit Jahren diskutierten Kommunalpolitiker kontrovers über Pläne der Molkerei Scheitz. Nun fordern Bürgergruppe und SPD ein Phantomgerüst.

Christine Setzwein

Eine käseweiße Molkereibesitzerin, ein CSU-Gemeinderat, der zornig auf den Tisch haut, eine sprachlose Bürgermeisterin, ein Grüner, der aus der Haut fährt, eine Sitzungsunterbrechung und ein nicht zu überhörender Mutter-Sohn-Konflikt. Dabei fand am Dienstagabend im Andechser Rathaus keine Aufführung des Bauerntheaters statt, es tagte lediglich der Gemeinderat.

Andechs

Auf dem Gelände der Bio-Molkerei Scheitz in Erling wird schon gebaut. Foto: Mayer/oh

(Foto: Bernhard Mayer, Dekan Wenzl Weg)

Grund für die ganze Aufregung war wieder einmal der Bebauungsplan mit der Nummer 22, der die künftige Entwicklung der Molkerei Scheitz in Erling regeln soll. Seit Jahren beschäftigen die Um- und Ausbaupläne von Barbara Scheitz nicht nur den Gemeinderat, sondern auch die Bürger. Doch nach vielen Zugeständnissen an Gemeinde und Nachbarn, nach hartem Ringen um Hundertwasserstil, um Längen und Höhen, um Lärmschutz und Zufahrt dachte die Unternehmerin noch am Dienstagnachmittag, dass der Bebauungsplan nun endlich genehmigt würde. Denn die Zeit drängt. Die neue Energiezentrale braucht eine drei Meter hohe Kühlanlage auf dem Dach. Die Betriebsgenehmigung für die alte ist längst abgelaufen und wurde vom Landratsamt bereits zweimal verlängert. Ohne gültigen Bebauungsplan, in dem alle Höhen festgelegt werden, kommt eine Genehmigung der neuen Anlage aber nicht in Frage. "Ich brauche einen Satzungsbeschluss", sagte Scheitz vor der Sitzung zur SZ.

Den Gefallen tat ihr der Gemeinderat nicht. Denn bevor sie sich in der Lage sehen, darüber abzustimmen, möchten Bürgergruppe und SPD, dass die Molkerei ein Phantomgerüst für das neue Verwaltungsgebäude im Hundertwasserstil und das geplante 160 Meter lange Hochregallager aufstellen lässt. "Ich kann mir die Größe sonst nicht vorstellen", sagte Christine Hirschberger. Rechtlich sei ein Phantomgerüst nicht nötig, argumentierte der Anwalt von Scheitz, Herbert Kaltenegger, weil die Höhe des Lagers exakt der des bestehenden Wasserturms entspreche. Außerdem werde das Hochregallager nur 18 statt 25 Meter hoch und zudem noch bis zu acht Meter in den Boden eingegraben.

Die Forderung nach Phantomgerüsten würde nicht nur die Arbeiten aufhalten, sondern auch die Kosten für den Bebauungsplan um bis zu 100 000 Euro erhöhen, sagte Kaltenegger. Dieser Argumentation wollten sechs von elf Gemeinderäten nicht folgen. Zum Ärger der CSU, die nur mit fünf Gemeinderäten anwesend war - einer davon Vizebürgermeister Georg Scheitz, der als Bruder der Antragstellerin gar nicht mitstimmen durfte. Als dann auch noch viele Detailfragen zum Bebauungsplan kamen, unter anderem von Irene Dorn (Bürgergruppe), verließ deren Sohn Stefan Dorn (CSU) türenknallend und schimpfend den Sitzungssaal.

Diese Abstimmung sei schon etwas "unglücklich gelaufen", sagte am Mittwoch Bürgermeisterin Anna Neppel. Sie war zu Beginn der Sitzung verhindert und kam erst nach dem ablehnenden Beschluss. Weil ein Phantomgerüst mit 14 Metern Höhe gar nicht halten würde, sollen zwei Autokräne mit Schnurgerüsten die Maße darstellen. In einer Sondersitzung Ende November soll dann die Bauleitplanung endgültig abgesegnet werden. (Kommentar)

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