Starnberg:Alles fließt

In seiner Jugend war er Domspatz. Das prägt. Aber auch Josef Oberbergers Kunst ist prägend. Was in der Starnberger Ausstellung des einstigen Gulbransson-Schülers zu sehen ist.

Wolfgang Prochaska

Irgendwann in den 1970er Jahren, in seiner Schwabinger Zeit, ist dieses heitere Schweigen in seine Bilder und Zeichnungen eingezogen. Diese Tuschpinsel-Ästhetik, und jenes stets präsente O, das nach Laotse klingt, aber auch nach Obe. Mit Obe unterzeichnete der Maler, Zeichner und Glasmaler Josef Oberberger (1905 - 1994) seine Bilder. Manchmal ist auch eine keckes Accent aigu zu erkennen, also jener schräge Strich auf dem E, der nach oben zeigt, himmelwärts. Mit der Religion hatte es Oberberger schon immer. In seiner Jugend war er Regensburger Domspatz. Das prägt wohl. Aber wer sich die Ausstellung in der Kreissparkasse in Starnberg anschaut, merkt sofort, dass dieser bayerische Künstler aus der Oberpfalz, der beim Simplicissimus-Zeichner Olaf Gulbransson gelernt hat, ein Werk in progress geschaffen hat, also eine in sich ständige Fortentwicklung. Zwar nennt ihn der Gautinger Schriftsteller Gerd Holzheimer einen "barocken Zen-Maler aus Bayern", blendet aber damit aus, dass dieser Oberberger unter anderem auch Kriegsmaler während des Zweiten Weltkriegs war und seine Aquarelle, die etwa in der Ukraine entstanden sind, eine seltsame Aura aus Verdrängung und Verniedlichung darstellen. Zu sehen sind nette Landschaftsbilder, auf denen Menschen als angedeutete Striche vorkommen. Manchmal sind es geballte Striche, vielleicht Truppen, vielleicht aber auch zusammengetriebene ukrainische Bauern. Deutlich wird ihre Entstehung nur bei einem Aquarell: "reetgedecktes Bauernhaus". Auf dem kleinen Bild steht ganz fein geschrieben: "im Vordergrund Gefangene". Auch hier nur Andeutungen, schmale Pinselstriche. Dass in der Ausstellung auch diese Arbeiten neben den beliebten Karikaturen in Simplicissimus-Manier zu sehen sind, zeigt immerhin, dass man auf Vollständigkeit Wert legt, obwohl natürlich in der Galerie nur ein kleiner Ausschnitt von Oberbergers Werk zu sehen ist. Herrlich natürlich seine im japanischen Tusche-Stil hingewehten Farbkompositionen der "pflügenden Bauern", die in ihrer angedeuteten Gegenständlichkeit einen Klang aus Ruhe und Witz erzeugen. Darunter schrieb er: "Arbeit macht nicht reich, aber bucklig." Die Komposition mit brauner Tinte auf Papier variiert er noch mehrere Mal, und die Strichmännchen, die hinter Pflügen hertrotten, immer der Spur entlang, scheinen in eine Art Meditation zu verfallen angesichts der Gleichförmigkeit ihrer Arbeit. "Arbeit macht nicht reich, aber glücklich", lautet die Unterzeile am Ende. Dieses Glück hat auch jener "Obe als Schwabinger Zen-Maler". Alles ist ein flutendes Blau. Die Ausstellung dauert noch bis 20. Januar.

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