Einzigartige Leihgabe:Abschied von Minerva

Die Skulptur schmückte einst das Prunkschiff Bucentaur. Nach vier Jahren holt jetzt das Bayerische Nationalmuseum die Statue nach München zurück. "Für uns ist das ein großer Verlust," sagt die Starnberger Museumsleiterin

Von Christiane Bracht, Starnberg

Vier Jahre lang hat sich das Museum Starnberger See brüsten können, alle Relikte der Prunkgalere Bucentaur unter seinem Dach zu haben. Nirgendwo sonst konnte man die pompösen Jagdfeste, die die Wittelsbacher einst auf dem Starnberger See feierten, so plastisch nachvollziehen. Neben gemalten Jagdszenen steht dort ein Modell des Barocken Schiffs mit seinen aufwendig verzierten Balustraden und den geschnitzten und vergoldeten Figuren. Viel ist freilich nicht übrig vom einstigen Prunkschiff de s Kurfürsten Ferdinand Maria: Nur zwei Deckengemälde, die im Starnberger Schloss die Jahrhunderte überdauerten bis die Gründer des Museums Starnberger See sie dort entdeckten, und eine riesige Laterne, die früher von zwei bayerischen Löwen getragen wurden, um das Heck des schwimmenden Jagdschlosses zu erleuchten. Ein Segler sicherte sie seinerzeit im Bayerischen Yachtclub, wo die Reste des Bucentaur, der 1758 abgewrackt wurde, lagerten. 1914 überließ der Mann sie dem Museum.

Das imposanteste Zeugnis der höfischen Fest- und Jagdkultur am Starnberger See ist jedoch die Minerva. Die goldschimmernde Figur bewachte einst die beiden Eingänge am Heck des Bucentaur. Sie stand wohl auf einem Sockel etwas erhöht und blickte hinaus in die Ferne. In der rechten Hand hielt sie eine Lanze, die linke stützte sich auf ein Schild. Heute hat die von Hofbildhauer Wolfgang Leitner geschnitzte überlebensgroße Skulptur längst ihre Attribute verloren, aber ihren Glanz und ihre Autorität hat sie deshalb noch lange nicht eingebüßt. Kein Wunder, dass sich Museen gerne mit ihr schmücken. "Wir können froh und dankbar sein, dass uns das Bayerische Nationalmuseum die Figur so lange geliehen hat", sagt die Leiterin des Starnberger Museums Sybille Küttner. Vier Jahre lang war die Göttin der Weisheit, der taktischen Kriegsführung und des Schiffsbaus eines der wertvollsten Exponate des kleinen Museums. Doch am Montag hat das Bayerische Nationalmuseum die Holzfigur wieder abholen lassen.

Minerva geht zurück zum Bayerischen Nationalmuseum; Abtransport der Minerva nach München

Leicht ist sie nicht, die Minerva. Restaurator Rudolf Göber und seine zwei Helfer stöhnen mächtig, als sie die überlebensgroße Holzfigur anheben.

(Foto: fxf/oh)

"Für uns ist das ein großer Verlust", sagt Küttner. "Aber vielleicht macht das Nationalmuseum für uns Werbung." Anfang Juli soll die neue Dauerausstellung über die Barockzeit in München eröffnet werden. Im Raum, der Henriette Adelaide, der Frau des Kurfürsten Ferdinand Maria soll dann die Minerva ihren neuen Platz finden. Der Grund: Der Bucentaur und die gesamte Starnberger Flotte wurde aus Freude über die Geburt des Thronfolgers 1662 gebaut, ebenso wie Schloss Nymphenburg und die Theatinerkirche.

Sechs historische Späne blieben in Starnberg zurück, nachdem Restaurator Rudolf Göbel und zwei Transportunternehmer die Minerva in die maßgeschneiderte Holzkiste gelegt und mit Styropor und Decken verpackt hatten. Ihren Platz soll nun die große Laterne einnehmen.

"Über eine Replike haben wir nachgedacht", sagt Küttner. Doch sowohl ein 3D-Druck als auch eine geschnitzte Nachbildung wäre zu teuer. Mit mindestens 50 000 Euro müsste man rechnen, so Küttner. Für die geplante Überarbeitung der Dauerausstellung im Lochmannhaus sei das Geld besser angelegt. Und da 25 Kilometer weiter das Original stehe und die Göttin in römischer Rüstung mit Legionärsstiefeln und einem Helm mit Federbuschen auf dem Kopf auf mehreren Abbildungen im Starnberger Museum zu sehen sei, habe man davon Abstand genommen.

Einzigartige Leihgabe: Sie stand einst am Heck des Bucentaur.

Sie stand einst am Heck des Bucentaur.

(Foto: fxf/oh)

Küttner und ihr Team wollen sich nun lieber um andere Exponate, die Zeugnis über die höfische Fest- und Jagdkultur geben, bemühen, wie beispielsweise historische Feuerwerkskörper oder Jagdhörner, die dazu genutzt wurden, die Hirsche aufzuscheuchen und in den See zu treiben. Im Fundus des Museums ist auch noch eine kleine Böllerkanone, die bislang nie gezeigt wurde.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: