Starnberg:Abgesang auf ein Musiklokal

Der Gemeinderat überlegt, das gesamte Gelände des Tutzinger Kellers zu verkaufen. Der Erlös eines Teilgrundstücks brächte zu wenig Geld ein

Gerhard Summer

TutzingZuerst war nur von der kleinen Lösung die Rede, wenig später von der großen: Der Tutzinger Gemeinderat hat sich dazu entschlossen, das ganze Gelände der Gaststätte Tutzinger Keller überplanen zu lassen und sich damit keine Tabus mehr aufzuerlegen. Denn der Verkauf eines Teilgrundstücks, der Obstbaumwiese, brächte wohl nicht so viel Geld ein, wie die Kommune braucht. Damit ist fraglich, ob das bei Jugendlichen beliebte Musiklokal noch eine Zukunft hat. Die Entscheidung fiel mit 11:5 Stimmen, und zwar in öffentlicher Sitzung.

Lokal Tutzinger Keller

Die Tage des Tutzinger Kellers sind wohl gezählt. Foto: Fuchs

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Wie berichtet, hatte Bürgermeister Stephan Wanner (parteifrei) vorgehabt, die Pläne hinter verschlossenen Türen diskutieren zu lassen. Das Gremium sollte darüber beraten, ob auf einem Teil des Areals eine Rossmann-Drogerie entsteht und der Tutzinger Keller trotz eines Sanierungsstaus von 1,2 Millionen Euro samt Biergarten erhalten bleibt - oder ob das Lokal am Schönmoosweg einem weiteren Markt, diesmal für Biolebensmittel, weichen muss. Nachdem die SZ über die Überlegungen berichtet hatte, entschieden sich Wanner und der Gemeinderat dafür, das Thema öffentlich zu behandeln. Der Rathauschef und sein Stellvertreter Peter Stich (CSU) zeigten sich empört darüber, dass die Sache publik geworden war. Er habe sich in jeder Form an die Spielregeln gehalten, sagte Wanner, und "nicht Geschäfte eingefädelt, die es gar nicht gibt". Von einem Biomarkt war am Dienstagabend gar keine Rede mehr. Wanner sagte, das Gremium habe sich "von der großen Lösung verabschiedet".

Allerdings kamen starke Zweifel daran auf, ob die kleine Variante mit Rossmann zielführend ist. Den Gemeinderäten zufolge brächte der Verkauf der Teilfläche weder einen hohen Preis noch Gewerbesteuer; offenbar sei man da viel zu euphorisch gewesen, fand Stich. Tutzing muss aber 2014 die Zwischenfinanzierung von 1,6 Millionen Euro für den Bau des neuen Kinderhauses St. Josef bezahlen. Und der Tutzinger Keller ist, abgesehen vom Traubinger Buttlerhof, offenbar der letzte größere Grundbesitz der Kommune. Die Grüne Christine Nimbach fand ohnehin: "Mir blutet das Herz". Tutzing schaffe so viel Gewerbefläche, "als ob wir 15 000 Einwohner hätten - wir werden gesichtslos". Ernst Lindl (CSU) wiederum erinnerte an die Gutachten zum ehemaligen Textilgelände. Damals habe es geheißen, 350 Quadratmeter Verkaufsfläche für eine Drogerie seien das Maximum. Nun solle vis-à-vis ein Rossmann-Markt mit 600 Quadratmetern Verkaufsfläche entstehen. Was weder ihm noch den Freien Wählern einleuchtete. Dann wäre die ganze Debatte damals ja "ein Schmarrn" gewesen, so Lindl.

Wanner zufolge hat das eine aber mit dem anderen nichts zu tun, so jedenfalls die Auskunft aus dem Wirtschaftsministerium. Ohnehin habe er alle anderen Möglichkeiten der Verwertung geprüft. Wohnungsbau komme wegen der schlechten Lage nicht in Frage, Betreutes Wohnen scheide aus, weil kein Bedarf an Pflegeplätzen bestehe. Sein Resümee: Die Preise, die in der Bodenrichtwertkarte genannt werden, "sind auf dem freien Markt nicht zu erzielen". Die CSU plädierte am Ende dafür, "der Realität ins Auge zu schauen" und das ganze gemeindeeigene Gelände zu betrachten. Denn es habe keinen Sinn, sich Tabus aufzuerlegen und den Weg mit Stolpersteinen zu pflastern. Die Frage sei doch, "ob wir uns den Tutzinger Keller noch leisten können", so Thomas von Mitschke-Collande. Armin Heil (CSU) fand ein Gutes daran: "Die Gesamtlösung lässt den Tutzinger Keller länger leben, weil das zieht sich."

Eine Anwohnerin berichtete, dass am Mittwoch Holzfällarbeiten am Tutzinger Keller begonnen hätten. Wanner sagte, er wisse davon nichts. Laut Pächter handelt es sich um normale Auslichtung.

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