Skisprung:So feiert Andreas Wellingers Familie dessen Olympia-Medaillen

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Glückwünsche von der Bürgermeisterin, Sekt vom Pfarrer: Seit den Erfolgen des Skispringers klingelt das Telefon bei dessen Großvater fast pausenlos.

Von Christian Deussing, Tutzing

Dieter Hummel sitzt daheim in Tutzing vor dem Fernseher und fiebert mit. Er verfolgt auch am Montagnachmittag die Sprünge seines Enkels Andreas Wellinger von der Großschanze in Pyeongchang. Der ist bereits Skisprung-Olympiasieger auf der Normalschanze, hat Silber auf der Großschanze gewonnen und jetzt auch noch den zweiten Platz im Teamspringen errungen. "Er macht es optimal, wir können alle sehr zufrieden mit ihm sein", freut sich der Opa. Der war früher Vorsitzender des TSV Tutzing und Vize-Präsident des Deutschen Skiverbandes gewesen. Hummel ist auch angetan vom Auftritt "Andis" vor den zahlreichen Mikrofonen der Reporter. Hummel muss es wissen, denn er fungierte auch als Sprecher der Olympiamannschaft 1980 in Lake Placid.

Rückblende: Ein kleiner Bub baut im abschüssigen Garten seiner Eltern bei Inzell eine Minischanze aus Schnee und flitzt mit Skiern drüber weg. So begann die Karriere von Andreas Wellinger. Wenige Tage vor dem Abflug nach Südkorea sitzt der inzwischen 22-jährige Spitzensportler in einem Tutzinger Café und plaudert mit seinem Opa und Tante Marion locker über Zeitverschiebung und lange Flüge - im Flieger und natürlich von Schanzen. Ein Gast sagt zu dem jungen Mann, er sehe "dem Wellinger verdammt ähnlich". Das werde "öfter behauptet", entgegnet Wellinger und lächelt.

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Das sei halt seine Schlagfertigkeit, erzählt der Großvater, der von seinem Enkel oft besucht wird. Andreas sei ein "Familienmensch", habe auch vor vielen Jahren beim "Zwergerl-Skirennen" auf dem Tutzinger Johannishügel mitgemacht und bei einem Jugend-Fußballturnier die Torjäger-Kanone abgeholt. Andi sei beidfüßig schussstark, was ihm noch heute bei der Absprungtechnik sehr nütze, betont Hummel. Andreas habe schon früh über ein perfektes Gleichgewichtsgefühl verfügt und könne sich sehr gut konzentrieren, berichtet der 83-jährige Tutzinger.

Das Telefon klingelte nach der Goldmedaille auf der Normalschanze fast pausenlos. Es waren fast 50 Anrufe, bis Hummel lieber mal aus dem Haus ging. Auch Bürgermeisterin Marlene Greinwald sowie die Pfarrer Peter Brummer und Ulrike Wilhelm gratulierten ihm und bekundeten, dass sich Tutzing über den großen Erfolg freue. Brummer kam sogar mit einer Flasche Sekt vorbei.

In der Gemeinde kennen viele Andi Wellinger. Der taucht immer wieder auf, wenn es der stressige Terminkalender erlaubt. Er besucht Fußballspiele im Würmsee-Stadion oder entspannt sich im Tutzinger Südbad. Zudem kehrt er mit Freunden auch mal in den "Dorfwirt" in Haunshofen ein. Mit seinem Opa fährt er gern Mountainbike zur Ilkahöhe und nach Aschering, um danach zu posten: "Schon wieder nur Zweiter, Opa ist aber der Beste". Ja, so tickt der Enkel, der Sportmarketing studiert und überdies begeistert auf Wellen surft.

Der 22-Jährige sei ein "ganz bodenständiger Typ, der nicht abhebt", sagt Hummel, der überdies Amtsgerichtsdirektor in Starnberg gewesen war. Sein Enkel habe vor allem viele weibliche Fans in Polen, wo das Skispringen noch eine ganz andere Dimension hat. Sie schicken ihm Videos und Presseartikel seiner besten Sprünge, er bedankt sich mit Autogrammkarten auf polnisch.

Allerdings sei Andreas längst in festen Händen, er hat eine Freundin. Auch nach den Erfolgen in Südkorea dürfte der Skispringer nicht zum Überflieger ohne Bodenhaftung mutieren. Er muss aber künftig sicher auch in Tutzing mehr Autogramme geben - und der Herr im Café wird den jungen Mann diesmal bestimmt als Wellinger enttarnen. Der Olympiasieger und zweifache Silber-Medaillengewinner wird auch das charmant meistern.

© SZ vom 20.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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