Seefeld:Sex, Lügen und Fotos

Ántares`, FSFF 2016

Affäre mit einer Zufallsbekanntschaft: Petra Morzé und Andreas Patton in einer Szene aus Spielmanns "Antares".

(Foto: FSFF/Broz, Reuther, Schlüter)

Götz Spielmanns beklemmendes Drama "Antares"

Von Gerhard Summer, Seefeld

Alex, Eva, Sonja und die anderen Protagonisten in diesem Drama von Götz Spielmann wirken oft wie Scheintote. Erstarrt, gefühlskalt, gefangen in ihrer Einsamkeit, blind für alles, was um sie herum passiert. Natürlich, es steckt noch Leben in ihnen, und so suchen sie wie Besessene nach einem Ausweg. Eva flüchtet sich in manischen Hotel-Sex mit dem Arzt Tomasz, auch er steckt offenbar in einer Unglücksehe. "Mausi" Sonja will den Hallodri Marco mit einem Suizidversuch an sich binden, und Alex versucht es mit Blumen und Gewalt, etwas anderes hat der Sadist und Prolet, der als Immobilienmakler sogar den Ausblick auf eine Betonwand verklärt, nicht im Repertoire.

Götz Spielmann erzählt in "Antares" von "Leidenschaft im doppelten Wortsinn", wie er selbst nach der Vorstellung im Kino Seefeld sagte. Letztlich geht es darum, dass diese drei Geschichten ein großes Ganzes ergeben. Was zwar nicht die Figuren, aber die Zuschauer erkennen können. Spielmann verzahnt die Episoden, die zum großen Teil in einer anonymen Hochhaussiedlung in Wien spielen, nämlich sehr geschickt miteinander, indem er die Erklärungen nachliefert: Die Plüsch-Giraffe beispielsweise, die Sonja aufhebt und in ihr Kinderzimmer legt, hatte Alex für seinen Sohn mitgebracht. Der Hilferuf, den Eva und ihr Mann ignorieren, kommt von der gequälten Nicole. Dass Seiten mit Kinderbildern in einer Illustrierten fehlen, liegt an Sonja. Und der Mann, der das Taxi mit Tomasz rammt, ist Alex. Spielmanns "Studien der Liebe" von 2004 sind unsentimental, desillusionierend und beklemmend, gelegentlich auch sehr witzig. Und der Einzige, der liebevoll mit diesen Figuren umgeht, ist der Regisseur. Denn eigentlich hätte sein Film mit dem Unfall enden können, wenn es ihm einzig um Konstruktion und Raffinesse gegangen wäre. Aber Spielmann erzählt noch fünf Minuten weiter, weil ihm seine Protagonisten wichtig sind.

Sein Auftritt in Seefeld war einer der Höhepunkte dieses Filmfestes. Sehr persönlich, völlig uneitel und mit feinem Humor berichtete der Regisseur von seinen Intentionen.

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