Ausstellung  in Seefeld:Gezeichnete Kraftposen

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Der US-amerikanische Künstler Dan Pyle zeigt in der Galerie Stenzel im Schloss Seefeld seine Arbeiten, in denen er Ästhetik und Textur von Schwarz-Weiß-Aufnahmen täuschend echt nachahmt

Von Katja Sebald, Seefeld

Der deutsche Kunstmarkt wird von jenseits des großen Teichs als durchaus bedeutend wahrgenommen. So ist es kein Wunder, dass der in Kalifornien lebende Zeichner und Fotograf Dan Pyle, der bereits auf der diesjährigen Art Karlsruhe zu sehen war, hier ganz gezielt bekannt gemacht werden soll: Die Galerie Stenzel im Schloss Seefeld ist eine der fünf deutschen Kunsthandlungen, die im November zeitgleich Arbeiten des Amerikaners zeigen und ihn von Vernissage zu Vernissage reichen. Der Seefelder Galerist Jürgen Stenzel kann nicht nur die Bilder verkaufen, die er selbst ausstellt, sondern kooperiert mit Galerien in Trier, Fulda, Wiesbaden und Balingen.

Dan Pyle wurde 1954 in Wolf Point, Montana, geboren und lebt seit einigen Jahren in Los Angeles. Malen und Fotografieren gehörten früh zu seinen Leidenschaften, aber erst nach einer Karriere als Balletttänzer fand er endgültig zu einer Kunst, die sowohl von der Schwarz-Weiß-Fotografie als auch von seinem besonderen Gespür für Bewegungen und Posen des menschlichen Körpers beeinflusst ist. Bekannt ist er in seiner Heimat vor allem für seine detailversessenen Kohlezeichnungen, in denen er Ästhetik und Textur von Schwarz-Weiß-Aufnahmen täuschend echt nachahmt. Mit dieser Art von Trompe-l'œil trifft er offenbar den amerikanischen Zeitgeist: In den letzten Jahren gab es zahlreiche Berichte über ihn in Magazinen und seine Bilder verkaufen sich wie warme Semmeln. Das Cosmopolitan-Hotel in Las Vegas zeigt 23 seiner Arbeiten in einer Dauerausstellung im Foyer, weitere Ausstellungen fanden in Palm Springs, Beverly Hills, Los Angeles, Long Beach und New York statt.

Irgendwo zwischen Modefotografie und Homoerotik: Dan Pyles Zeichnungen, deren Motive vorher mit der Kamera festhält, zeigen kraftvolle Männerkörper. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auch in Seefeld ist er nun mit einer Reihe von Kohlezeichnungen vertreten, die unter dem Titel "Lost in the Moment" zusammengefasst sind. Zu sehen sind muskulöse Männerkörper, selten als Ganzfigur, sondern meist als Detaildarstellungen: nur der nackte Oberkörper mit abgewandtem Kopf oder auch nur ein wohlgeformter Arm oder eine sehnige Hand. Aufgeknöpfte Hemden und hochgezogene T-Shirts offenbaren Sixpacks und enthaarte Männerbrüste, die Posen sind irgendwo zwischen Modefotografie und homoerotischen Motiven einzuordnen.

Tatsächlichen posieren die Modelle für Dan Pyle zunächst vor der Kamera, die so entstandene Schwarz-Weiß-Aufnahme dient ihm dann als Vorlage für seine Zeichnungen. Im Internet kursiert ein Video, in dem der Künstler bei der Arbeit zu sehen ist: Millimeter für Millimeter überträgt er helle und dunkle Partien, Lichtreflexe und Schattenwürfe auf das Zeichenpapier, sodass am Ende die nahezu perfekte Illusion einer hochwertigen Fotografie entsteht.

Eine schöne Kühlerfigur: der Spirit of Ecstasy von Rolls Royce. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Neben den Aktmotiven widmet sich der Amerikaner Dan Pyle auch verschiedenen Stillleben: Es gibt Zeichnungen von glänzenden Kotflügeln und ikonografischen Kühlerfiguren, von Armaturen, auch von Motorrädern und Retro-Fahrrädern. Und schließlich gibt es Arrangements von kleineren Objekten: Ein paar Würfel, ein Stapel aus kleinen Schachteln oder aus Büchern, ein Ballettschuh oder eine ausgedrückte Zahnpastatube, alles bis ins winzigste Detail im wahrsten Sinne "fotorealistisch" dargestellt.

Die Ausstellung "Lost in the Moment" ist noch bis zum 25. November 2016 jeweils von Donnerstag bis Sonntag von 13 bis 18 Uhr in der Galerie Stenzel im Schloss Seefeld zu sehen.

© SZ vom 07.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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