Seefeld:Eine Bilderbuch-Liebe

Schumann-Soiree im Sudhaus

Lesen und spielen das berühmte Liebespaar: Ingrid Storz und Peter Weiß im Schloss Seefeld.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ingrid Storz und Peter Weiß lesen aus dem Briefwechsel zwischen Clara Wieck und Robert Schumann

Von Reinhard Palmer, Seefeld

Es war wohl eine Liebe, wie sie nur im Buch stehen kann. Vielleicht war das Publikum im Seefelder Schloss tatsächlich wegen dieser schier unglaublichen Tiefe der Gefühle, die in den Briefen und Tagebuchaufzeichnungen dokumentiert sind, so zahlreich erschienen - übermannt von Frühlingsgefühlen? Aber Ingrid Storz und Peter Weiß als Sprecher sowie die Pianistin Kazue Weber-Tsuzuki sind nicht minder erfolgreiche Publikumsmagnete, die der so dramatischen Liebesgeschichte von Clara Wieck und Robert Schumann eine besondere emotionale Tiefe zu geben vermochten.

Storz und Weiß lasen hier nicht nur, sondern liehen den beiden Protagonisten des 19. Jahrhunderts ihre Körper. Selbst für so gewandte Schauspieler eine Herausforderung, standen hier doch keine szenischen Konstellationen zur Verfügung. Lediglich die Sprache, Mimik und Gestik: Ein begrenztes Instrumentarium, das beide mit Einfühlsamkeit großartig beherrschen, aber auch mit Verständnis für die Empfindungswelt der Romantik, die sich insbesondere im großen Respekt voreinander äußerte. "Gib mir das inniger verknüpfende Du", bat Robert in diesem endlosen Fluss von Liebesbezeugungen. "Welch schönes Band der Liebe uns bindet", erinnerte einmal mehr Clara mit zarten 17 Jahren voll geradezu rührender Zärtlichkeit.

Die Reinheit und Aufrichtigkeit ihrer Liebe, die hier aus jedem Wort ihrer so poetischen Briefe und Tagebucheintragungen strömte, vermochte Storz mit absolut glaubhafter Leichtigkeit und freudig erregter Hingabe erlebbar zu machen. Aber sie war auch die Clara, die auf Konzertreisen vor Königen und Kaisern auftrat und überaus weise Dankbarkeit über ihr Künstlerleben bekundete. "Was ist ein Künstler mehr als ein Bettler", schrieb sie, bevor sie die Reichtümer nannte, mit denen sie die Musik entschädigte.

Für Weiß stellte sich die Aufgabe, einen Robert zu geben, den die Welt allmählich als genialen Komponisten kennenlernte. Aber auch den liebenden Mann, über den Clara schrieb: "Du bist ein Mann im schönsten Sinne des Wortes" - was auch immer das heißen mochte. Vielleicht einer der schreibt: "Hätte ich Flügel, könnte ich zu Dir"? Und da war noch das Problem des unfreiwillig künftigen Schwiegervaters, der Claras Heirat mit dem etwa neun Jahre älteren Robert um nichts in der Welt zustimmen wollte. "Die Unterhaltung mit Ihrem Vater war fürchterlich", ist in einem seiner Briefe von 1838 zu lesen. Überzeugend, weil sehr subtil und weniger sichtbar als aus dem Sprachduktus heraus, gab Weiß den Robert Schumann, dessen sich allmählich die psychische Krankheit bemächtigte. Über aufkeimenden Ängste und erwachende Stimmen zunächst der Engel, dann auch der Dämonen.

Müßig wäre es, all diese Facetten in der Musik Schumanns zu benennen. Gerade die kleinen Kompositionen der Fantasiestücke op. 12, der Kinderszenen op. 15 oder Kreisleriana op. 16 waren sein Zufluchtsort, später, sofern die Stimmen ihn arbeiten ließen, etwa des Albums für die Jugend op. 68 oder der Waldszenen op. 82. Weber-Tsuzuki suchte insbesondere die lustvolle Köstlichkeit der Stücke hervorzukehren, vor allem in den frühen Werken, als Robert noch beflügelt von Claras Liebe "Am leuchtenden Sommermorgen", "Träumerei", "Glücksgenug" oder "Ritter vom Steckenpferd" ersann.

Passend zum Liebessäuseln des Paares, das 1840 endlich vor den Altar treten konnte, erfüllte Weber-Tsuzuki ihr Spiel mit Frische und Vitalität. Kantable Melodien flossen verträumt dahin, wurden aber zunehmend Leidenschaftlicher. Insbesondere zum dramatischen Schluss des Programms hin, das mit dem Tod Schumanns endete, "endlich befreit", wie Clara nach acht Geburten und einem bleischweren Leben immer noch liebevoll notierte. "Sein Geist war über mir", fühlte sie bei der Beerdigung des Menschen "mit göttlichen Eigenschaften".

Mit Claras op. 20 in leidenschaftlicher Brillanz den Abend abzurunden, erinnerte an ein ausgesparte, durchaus konfliktbeladene Kapitel. Auch der Name Brahms fiel nur beiläufig. So blieb das Liebesideal unbefleckt. Das Publikum dankte langanhaltend.

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