Betrug:Der falsche Enkel am Telefon

Mit immer neuen Tricks nutzen Betrüger die Gutgläubigkeit von älteren Menschen aus

Das Telefon klingelt. Angeblich ist ein Enkel dran und benötigt Geld zum Kauf einer günstigen Wohnung. Obwohl die Oma selbst nicht viele Rücklagen hat, hilft sie dem Enkelkind, das sie schon sehr lange nicht mehr gesehen hat. Solange, bis das Ersparte aufgebraucht ist. So oder ähnlich funktioniert der sogenannte Enkeltrick, eine besonders perfide Form von Trickbetrug. Dabei geben sich Betrüger als Verwandte oder Bekannte aus und bitten unter einem Vorwand um Bargeld. Auch im Landkreis Starnberg gab es schon einige Fälle. Der Seniorenbeirat und die Nachbarschaftshilfe in Seefeld haben deshalb in Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck einen Informationsabend organisiert.

Im vorigen Jahr registrierte die Polizei insgesamt 55 Enkeltrick-Anrufe im Landkreis. In einem Fall gelang es einem Betrüger, eine Seniorin in Starnberg um einen größeren Geldbetrag zu erleichtern. Heuer wurden bisher acht Anrufe mit dieser Masche bekannt; die Versuche scheiterten, wie zuletzt in Gilching. Dabei hatte in einem Fall ein aufmerksamer Bankmitarbeiter eine 88-jährige Frau davor bewahrt, einem Betrüger 45 000 Euro zu geben. Das Geld war der Rentnerin nicht ausgezahlt worden, weil die Bank laut Polizei Verdacht geschöpft hatte. Auch die Kreditinstitute seien gewarnt und sensibilisiert worden, erläuterte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord. Zudem hätten die Berichte über die Enkeltrick-Anrufe die Senioren gewarnt. Allerdings gebe es immer wieder neue Maschen; zum Beispiel geben sich Anrufer am Telefon als Polizist aus, um auf angebliche Einbrecher hinzuweisen. Um glaubwürdiger zu wirken, erscheint auf dem Display oft sogar die Notrufnummer 110. Die Ermittler betonen zudem, dass die Dunkelziffer bei betrügerischen Anrufen sicher hoch sei.

Kriminalhauptkommissar Josef Dietz informierte in Seefeld über die Methoden der Banden, die mit Manipulation der Rufnummernanzeige ihre Aufenthaltsorte verschleiern und so leichter das Vertrauen ihrer Opfer gewinnen. Die Anrufer stellen sich bei diesen Gesprächen nicht mit ihrem Namen vor, sondern fordern ihr Opfer auf zu erraten, wer am anderen Ende der Leitung spricht. Dann suchen sich die Täter eine der vorgeschlagenen Personen aus und geben sich als diese aus.

Nach kurzem Gespräch erzählen sie von einem finanziellen Engpass oder einer Notlage, beispielsweise einer zu begleichenden Wohnungsanzahlung oder einem Unfall. Indem sie ihre Lage als besonders dringlich schildern und immer wieder anrufen, setzen sie ihr Opfer unter Druck. Außerdem versuchen sie oft, ihre Gesprächspartner zur Verschwiegenheit zu verpflichten, erzählte Kommissar Dietz. Sobald die Angerufenen sich hilfsbereit erklären, kündigen die Betrüger Boten an, welche das Geld abholen, da der Anrufer selbst keine Zeit hätte. Durch diese dreiste Methode erbeuten die Kriminellen pro Opfer Summen, die sich nicht selten im fünfstelligen Bereich bewegen.

Dietz rät daher bei Skepsis fremden Anrufern gegenüber, Interesse zu heucheln, eine Übergabe mit dem Anrufer zu vereinbaren und die Polizei hinzuziehen. Bei solchen überwachten Treffen könnten Betrüger, in manchen Fällen sogar ganze Banden, aufgespürt und überführt werden. Der Kriminalhauptkommissar mahnt zur Vorsicht, sobald ein Anrufer seinen Namen nicht preisgeben will sowie vor weiteren Betrugsmaschen wie Tricks von Taschendieben, vermeintlichen Millionen-Erbschaften, Vertragsabschlüssen bei Haustürgeschäften oder Kaffeefahrten, zwielichtigen Bekanntschaften im Internet oder falschen Polizisten.

Dass manche ältere Menschen einsam und nicht mehr in die Gesellschaft integriert sind, sei ein Grund dafür, dass diese Masche immer wieder erfolgreich sei. Außerdem tauchten die Tricks in vielen unterschiedlichen Abwandlungen auf. Dietz betont jedoch auch, dass Angst davor "auf die Straße zu gehen", der falsche Ansatz sei, sich vor Betrug zu schützen. Stattdessen ruft er zu mehr Aufmerksamkeit und Kommunikation auf.

Zum Vortrag waren nur zehn Zuhörer gekommen, Dietz appellierte an diese Senioren, sich als Multiplikatoren zu verstehen und das Gehörte an Freunde und Verwandte weiterzugeben.

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