Im Mai wird gefeiert:Skurriles Jubiläum

Weil die Ortschronisten immer älter werden, gelten auch krumme Zahlen: Der Inninger Verein "Heimatgeschichte" feiert das 775-jährige Bestehen des Ortsteils Schlagenhofen.

Von Christine Setzwein, Schlagenhofen

Nein, mit dem Schlagen von Hufen hat der Name des kleinen Inninger Ortsteils am südwestlichen Wörthseeufer nichts zu tun. Da sind sich die Historiker einig. Sie sind, in Anlehnung an Ernst Förstemanns "Altdeutsches Namenbuch" eher der Auffassung, dass Schlagenhofen ungefähr die Bedeutung "bei den Höfen des Slougo (Slago, Slogo)" haben könnte. Aber sicher ist auch das nicht. Sicher ist lediglich, dass zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert in der Gegend ein Hainrich von Slagenhouen beziehungsweise Hainricus Slagenhofen, eine Mathilde, des Slogenhofers Tochter, eine Adelhaid Slogenhoverinn und ein Hans Schlogenhofer lebten. Wie alt Schlagenhofen wirklich ist, weiß niemand wirklich, nicht einmal die versierten Ortshistoriker Robert Volkmann und Jutta Göbber. Darum halten sie sich an die erste urkundliche Erwähnung der Dießener Stiftskirche aus dem Jahr 1242.

Schlagenhofen ist also jetzt offiziell 775 Jahre alt, schon ein bisschen skurril, dieses Jubiläum. Den Grund, warum es gefeiert wird und es eine 130 Seiten starke neue Chronik des Dorfes gibt, nennt Jutta Göbber ganz offen: "Wir werden alle älter." Mit "wir" meint sie die passionierten Ortshistoriker, fast alle im Rentenalter. Aber der Verein "Heimatgeschichte Inning" möchte, neben den "Inninger Geschichtsblättern", die regelmäßig erscheinen, jedem Ortsteil eine Chronik hinterlassen. Stegen und Schlagenhofen liegen nun vor, 2018 ist Buch an der Reihe.

Robert Volkmann schreibt die Festschrift; 775 Jahre Schlagenhofen

Robert Volkmann hat für die Festschrift historisches Material zusammengetragen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dass Robert Volkmann Schlagenhofen ganz besonders am Herzen liegt, liegt nahe. Schließlich ist der bald 68-jährige ehemalige Gymnasiallehrer nach dem Motto "Zu Hause ist die Heimat am schönsten" aus seinem Dorf nie wirklich rausgekommen. Etwas leichter gemacht hat ihm die Arbeit an der Chronik die Tatsache, dass der Heimatverein bereits zur 750-Jahrfeier eine kleine Broschüre herausgebracht hat. An der alten Geschichte hat sich seitdem nichts geändert, im Dorf selber freilich schon. Auch wenn heute gelten könnte, was der Hechendorfer Eduard Zech (1909-1984) in seinen Erinnerungen schreibt: "Ein Zwiebelturm taucht auf, und wieder ein Stück - da liegt in einer Mulde, wie im Schlaf, das schöne, idyllische Schlagenhofen, inmitten das herrliche Kirchlein St. Michael, der Turm als Wächter über Haus und Hof der schönen Anwesen, weit zu sehen über seine Fluren, eingesäumt von dunklen Wäldern, die dem Wind und den starken Stürmen trotzen . . . "

775 Jahre Schlagenhofen

Anlässlich des 775. Jubiläums von Schlagenhofen ist eine Festschrift erschienen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die neuen Kapitel in der Chronik mit dem etwas schrägen Titel "Schlagenhofen . . . ein sehr abgelegener Ort . . . zwischen Seefeld und Inning, doch etwas seitwerts" beschäftigen sich zum Beispiel mit "Landnahme und Seeufersachen". Dass manche ehemals bäuerliche Anwesen im alten Dorfkern baulich so gut in Schuss seien, schreibt Volkmann, "rührt schon auch daher, dass man Grundstücke unten am See verkaufen beziehungsweise verpachten konnte". Schon in den 1930er Jahren wollte die Toerringsche Seeverwaltung in Oberndorf ein Freizeitzentrum mit Wochenendhäusern bauen. Die Pläne verschwanden erst einmal in der Schublade. Auch auf den Streit um die Öffnung des Seeuferwegs geht Volkmann - "der Schreiber war schon mit dabei" - ein. Die Nazizeit - am Grünbichl wurde 1943 eine Flugabwehrkanone-Stellung aufgebaut und ein kleiner Trupp Soldaten geschickt, der sich offenbar sehr wohl gefühlt hat in Schlagenhofen: "Sie nützten jede Gelegenheit, um fröhlich zu sein."

Dass es einst in Schlagenhofen eine Milchverwertungsgenossenschaft gab, weiß heute kaum einer mehr. Volkmann beschreibt, wie es dazu kam. Sehr lustig ist die Geschichte der roten Segel, die der "Freie Wassersportverein München" nach dem Krieg vom damaligen Oberbürgermeister Thomas Wimmer für die Kanu-Abteilung bekam. Weniger lustig dagegen das Verschwinden des Wörthsee-Schilfs, der Seerosen und Krebse, der Schusternagerl und des Fransenenzians. Volkmann gehört keiner Partei an, aber er ist politisch engagiert. Der Entwicklung der schwarz gebauten Siedlung Hufschlag widmet Volkmann ein Kapitel wie auch den umstrittenen Plänen zum Ausbau der Staatsstraße 2070, gegen die er selber demonstriert hat. Sagenhaftes und Kurioses hat Katharina Hartmann zusammengetragen.

Etwa 130 Seiten und 130 Bilder und eine Auflage von 250 Stück hat die Jubiläumschronik. Verkauft wird sie gegen eine Spende von zehn Euro. Damit werden die Druckkosten und die nächste Chronik finanziert. Präsentiert wird das Büchlein am 4. Mai, um 19.30 Uhr, im Gasthof Silber. Und gefeiert wird natürlich auch: am 27. und 28. Mai mit Blasmusik, Goaßlschnalzen und der Gruppe Hundling.

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