Sanatoriumswiese Krailling:Visite im Containerdorf

Sanatoriumswiese Krailling: Das Interesse ist groß, die Skepsis auch: Sehr viele Kraillinger inspizieren die neuen Wohnungen für Asylbewerber auf der Sanatoriumswiese.

Das Interesse ist groß, die Skepsis auch: Sehr viele Kraillinger inspizieren die neuen Wohnungen für Asylbewerber auf der Sanatoriumswiese.

(Foto: Arlet Ulfers)

Etwa 200 Kraillinger nehmen die Gelegenheit wahr, die neue, 2,4 Millionen Euro teure Anlage für Asylbewerber zu besichtigen. Senioren steigen dafür sogar Treppen. Die ersten Flüchtlinge sollen nächste Woche einziehen

Von Christiane Bracht, Krailling

Wie wird es wohl werden, mit so vielen Asylbewerbern in Krailling? Immerhin 144 sollen in die neue Container-Anlage auf der Sanatoriumswiese einziehen. Und wer wird kommen? Familien? Alleinreisende? Männer oder Frauen? Und woher sind sie? Syrien, Pakistan oder Afghanistan? Skepsis und Unbehagen war am Donnerstag schon zu spüren bei vielen der bestimmt 200 Kraillinger, die gekommen waren, um sich die Anlage anzuschauen. Schon bevor Kreisbaumeister Christian Kühnel aus Starnberg mit seiner Dienstlimousine vorfuhr, drängten sich zahlreiche Leute im Hof und warteten gespannt darauf, die Wohnungen anschauen zu dürfen. Kühnel musste sich einen Weg durch die Menge bahnen, und als er die ersten Wohnungen aufsperrte, drängte die Menge sofort die Stahltreppen hinauf, selbst Senioren, die sich mit dem Treppensteigen schwer taten, nahmen die Mühe auf sich. Oben mussten sie sogar noch warten, denn die vielen Interessierten konnten nur schubweise hineingelassen werden.

Jede Wohnung hat zwei schmale Zimmer mit je einem Stockbett und einem Einzelbett. Für die sechs Bewohner gibt es einen Aufenthaltsraum mit einem großen Tisch für alle, eine Küchenzeile, sowie Bad mit Dusche. Jeder hat einen Spind für seine persönlichen Sachen. "Es ist ein bisschen kasernenmäßig", findet Helga Senkel. "Aber was soll man machen auf die Schnelle." Christa Tafelmeier bemängelt indes, dass sich immer drei Personen einen Raum teilen müssen. "Das ist eine ungünstige Konstellation, das gibt Reibereien. Zwei- und Vierbettzimmer wäre eine bessere Lösung." Außerdem hat sie festgestellt, dass die Leute streng abgezählt nur sechs Teller und Tassen im Schrank haben. "Das kann man doch nicht machen", echauffiert sie sich. Was ist, wenn jemand zu Besuch kommt? Conrad Kraft vom Helferkreis Asyl, der sich federführend um die Flüchtlinge in Krailling kümmern will, versprach, sich sofort darum zu kümmern. Andere lobten, dass es wie ein Willkommensgruß wirke, wenn die Handtücher bereits aufgerollt auf den Betten liegen. "Es macht alles einen soliden und sauberen Eindruck. Hier kann man ankommen, nach wochen- und monatelanger Flucht. Es ist sogar sehr komfortabel", meint Carola Kabdebo. Und auch Anita von Schroeder findet die Anlage gelungen und gepflegt. Die Kinder jedenfalls begannen sofort im Sand zu spielen und zu schaukeln.

2,4 Millionen Euro hat das Container-Dorf den Landkreis gekostet. "Darin ist aber alles enthalten vom Elektroherd über die Waschmaschine bis zur Zahnbürste", erklärt Kühnel. Bürgermeisterin Christine Borst freute sich, dass der Landkreis ihr zugestanden hat, die krass grüne Farbe der Container hinter Grünzeug verschwinden zu lassen, damit der Unterschied zu den ansehnlichen Holzhäusern in Planegg und Gräfelfing nicht ganz so groß ist.

Die Kraillinger Anlage ist die fünfte im Landkreis. Sechs weitere werden laut Kühnel noch errichtet. Die ersten Flüchtlinge werden nächste Woche einziehen. Es sind drei junge Frauen, zwei aus Somalia, eine aus dem Sudan. Sie sind 18 Jahre alt und kommen aus einer Einrichtung für minderjährige Flüchtlinge im Landkreis Starnberg. Eine von ihnen ist schwanger, erklärt Stefanie Lorenz, die Objektleiterin von Jonas Better Place, der Firma, die sich um die Anlage kümmert. Sie stellt eine Nachtwache im ersten Monat, und tagsüber wird immer ein Betreuer da sein. "Hier herrscht Alkohol- und Rauchverbot, und ab 22 Uhr dürfen keine Besucher mehr auf dem Gelände sein", erklärt Lorenz. Um die Sauberkeit werden sich Ein-Euro-Jobber kümmern.

Als nächstes werden die zwölf Flüchtlinge von der Margaretenstraße umquartiert. Die Zweckverbandshäuser sollen dann abgerissen werden. Außerdem wird der Landkreis in den nächsten vier Wochen, in denen keine neuen Flüchtlinge zu erwarten sind, peu à peu Leute aus beengten Einrichtungen und aus den Zeltdörfern in die neuen Wohnungen verlegen - vornehmlich Frauen mit sehr kleinen Kindern. Der Proporz soll aber in jeder Gemeinde stimmen, darauf legt man im Landratsamt großen Wert.

Der Helferkreis ist jedenfalls vorbereitet. Schon seit Monaten hat er sich Gedanken gemacht. Etwa 100 Helfer freuen sich bereits auf die Ankunft der Flüchtlinge. Man ist fast ein bisschen enttäuscht, dass die Leute nicht direkt von einer Erstaufnahmeeinrichtung kommen. Herbert Veit, der sich seit 24 Jahren um Asylbewerber im Würmtal kümmert, appellierte noch einmal an die Verantwortlichen, nicht zu viele verschiedene Nationalitäten unter ein Dach zu bringen. Vor allem zwischen Syrern und Afghanen gebe es viel Ärger, warnte er. "Die Angst, dass etwas passieren könnte, spürt man schon", sagt Borst. Sie ist froh, dass so viele wissen wollen, wie die Menschen hier leben werden.

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