Rückkehr:Die drallen Weiber von Bernried

Bernried, Buchheim Museum,  Karl-Heinz Richter

Gruppenbild mit Damen: Bildhauer Karl-Heinz Richter (links) und Museumsdirektor Daniel J. Schreiber beim "Künstlergespräch".

(Foto: Georgine Treybal)

Karl-Heinz Richter aus Chemnitz bringt zwei seiner aufgefrischten Figuren ins Buchheim-Museum zurück. Was sie vor allem auszeichnet, ist ihr beeindruckender Leibesumfang

Von Gerhard Summer, Bernried

Was für eine Fülle! Sie sitzen wie dahingeschmolzen auf Stühlen, rund die Schädel, klein und geschminkt die Münder. Mal sind die Träger eines Blümchenkleids verrutscht, mal blitzt eine Brustwarze durch, mal stehen sie nackt auf High Heels. Und das Erste, was einem an diesen lasziven Damen auffällt, ist ihr Leibesumfang: Beine wie Baumstämme. Riesenärsche. Dagegen ist die Rubensfigur Magerkost. Das sind die wohl drallsten Weiber, die jemals Bernrieder Boden betreten haben, leicht verlebte Lebefrauen, halslose Primatonnen, die in Wahrheit aber papierleicht sind. Denn der Mann, der sie schuf, der Chemnitzer Karl-Heinz-Richter, verwendet für seine Figuren ohne Namen dünnes FAZ-Papier und Tapetenkleister, wie er in einem Künstlergespräch im Buchheim-Museum erzählte.

Der Direktor des Hauses, Daniel J. Schreiber, hatte unter dem Titel "Richter kommt" eingeladen und darauf gehofft, dass ein paar Eilige an Gerhard Richter denken würden. Guter Versuch. Schreiber und Richter plauderten trotzdem vor einem kleinen Kreis von Zuhörern. Der Anlass: Zwei der sechs Damen, die dem Museum gehören, hatten nach 20 Jahren zu viel Patina angesetzt. Richter brachte sie nach der Kur in Chemnitz zurück und erzählte davon, wie er die Galionsfigur des Museumsschiffs Phantasie auf Kurt Faltlhausers Geheiß züchtiger einkleiden musste und Buchheim begegnete, der für ihn die "Eintrittskarte" in die Kunstwelt war. Denn so viel Gefühl für Proportionen Richter hat - er ist Autodidakt und arbeitete nach einer Lehre in einer Porzellanfabrik 20 Jahre als Sportlehrer an einer medizinischen Fachschule. Erst als er sich das Bein brach und drei Monate zu Hause bleiben musste, kam er zur Plastik, erst spät befasste er sich mit Botero, Nicki de Saint Phalle und anderen Meistern der prallen Figur. "Ich habe einfach angefangen, ich mache das, was mir Spaß macht." Seine Damen sind nicht lustig, sagt er, im Gegenteil, "sie haben alles hinter sich". Schreiber sieht sie als Sympathieträger: "Man fühlt sich in seinen Schwächen bestärkt."

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