Ritterturnier in Seefeld:Schwerterklirren am Campingplatz

Seefeld ist am Wochenende Schauplatz für ein mittelalterliches Spektakel mit Ritterturnier, handbetriebenem Kinderkarussell und 70 Ständen. Fans kommen im Leinengewand und mit Trinkhorn an

Von Patrizia Steipe, Seefeld

Die beiden Buben in der ersten Reihe weichen ein paar Schritte zurück. Sicher ist sicher. Gerade hat einer der Ritter sich mit wildem Gebrüll drohend vor den Zuschauern aufgebaut. Dann wendet er sich um, zückt sein Schwert, deutet auf einen der wartenden Ritter im Turnierring. Dieser lässt sich nicht lange bitten und stürzt sich auf seinen Herausforderer. Reihum treten die Ritter gegeneinander an und messen mit Lanzen, Äxten und Schwertern ihre Kräfte. Nicht immer geht es dabei fair zu. "Buh, zwei gegen einen", ruft Susanne Prähofer.

Als passionierte Besucherin von Mittelaltermärkten kennt sie die Spielregeln. Das Ganze sei ein großer Spaß. "Man taucht in eine andere Welt ein, in der man sein kann, wer man will", stimmt ihr Mann Mathias zu. Die beiden sind aus Friedberg nach Seefeld gekommen, wo die Mittelalteragentur "Sündenfrei" noch am Samstag von 11 bis 21 Uhr und am Sonntag von 11 bis 19 Uhr neben dem Campingplatz ein Mittelalterspektakel veranstaltet. Die Prähofers haben sich dafür in Schale geworfen. Beide tragen lange Leinengewänder und Umhänge aus Schaffell, bei Mathias baumelt am Gürtel ein Trinkhorn und ein Glasgefäß mit Met. "Daheim habe ich noch ein Kettenhemd", berichtet Mathias. 20 Kilo ist es schwer, aber bei dem Regenwetter hat er es daheim gelassen. "Das rostet sonst." Auf dem Markt haben sie bei den etwa 70 Handwerker- und Krämerständen schon ein paar Dinge entdeckt, die zu ihrem Mittelalter-Outfit passen könnten. Die kleine Tochter möchte aber ein rosa eingefärbtes Fell. "Rosa? Na, ich weiß nicht, das gab es im Mittelalter nicht", so die skeptische Antwort der Mutter.

Über dem Platz liegt der Geruch von Holzfeuer. Fleischspieße drehen sich über verschiedene Feuerstellen, aus dem Holzofen werden belegte Teigfladen gezogen, es gibt Met und Kartoffelschnitze. Streng genommen, gab es in Europa im Mittelalter zwar noch gar keine Kartoffeln, aber was damals so alles auf den Tisch kam, würde wohl bei den heutigen Besuchern wenig Anklang finden. An anderen Ständen werden Lederbeutel, Schmuck, Ritteraccessoires, Räucherwaren und Spielsachen wie Holzschwerter verkauft. Viele der kleinen Besucher sind bereits in voller Rittermontur erschienen. Auf dem Markt können sie ihre Schwerter bemalen, filzen, Seile flechten, sich im handbetriebenen Karussell drehen lassen und den Handwerkern zuschauen. Zum Beispiel Frank Schneider. Er bläst mit einem riesigen Blasebalg das Feuer in seiner mittelalterlichen Schmiede an. Im normalen Leben bearbeitet der Schmied Aufträge aus der Industrie, "Zäune, Garagentore so etwas", erklärt er. Auf den Mittelaltermärkten zeigt er mit Kunstgeschmiedetem sein kreatives Potenzial. Sogar handgeschmiedete Nägel verkauft er. "Wer antike Möbel hat, der freut sich darüber", weiß er. Peter Jerabek hat einen Stand mit sogenannten Waldgläsern, die grünlich schimmern. Das Dekor aus Tropfen und Noppen hatte im Mittelalter nicht nur dekorative Zwecke: Damals aßen die Menschen ohne Besteck, und aus fettigen Fingern wären glatte Gläser zu leicht gerutscht, so der Tscheche. Jerabek reist den ganzen Sommer zu den verschiedensten Mittelaltermärkten und Schlossfesten. Geschlafen wird im Zelt auf dem Platz, "oder im Auto", sagt er.

Nach ihrem Turnier ruhen sich die acht Ritter der tschechischen Gruppe Equitas in ihrem Ritterlager aus. Mit ihrem Auftreten und der Kleidung erinnern sie an die Zeiten von Wenzel IV, böhmischer König von 1363 bis 1419. Seit 27 Jahren gibt es die Gruppe bereits. Viel üben müsse man, um bei den Turnieren mit den etwa 45 Kilo schweren Rüstungen gute Figur zu machen, erklärt Anton Libor.

In Deutschland sind sie zum ersten Mal. Sie mimen raubeinige Burschen, die durch das Lager pöbeln und an die rustikalen Sitten der Fußritter erinnern. Warum das Mittelalter dermaßen im Trend liege, darauf weiß Libor folgende Antwort: "Wir sind alles Romantiker, die das Ideal des Mittelalters leben."

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