"Puppet Players":Der Teufel auf dem Flügel

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Poetisches Puppentheater: Die Gautinger Susanne Forster und Stefan Fichert stellen ihr Buch "Das Spiel ein Leben" vor.

Blanche Mamer

Zwei furchterregende Mephistofiguren sitzen in Wächterstellung links und rechts an der improvisierten Bühne. Der dritte Teufel hockt auf dem Flügel, an dem Heinrich Klug später Mozart spielt. Trotz des Schneetreibens und der schlechten Straßenverhältnisse sind weit über hundert Zuschauer gekommen, zusätzliche Stühle mussten aufgestellt werden.

Bereits seit 30 Jahren arbeiten die Puppet Players mit dem Musiker Heinrich Klug zusammen. (Foto: Georgine Treybal)

Es ist ja auch keine normale Lesung, die am Mittwochabend im Foyer des Gautinger Rathauses stattfand, sondern eine Performance vor vertrautem Publikum: Die Gautinger Künstler Susanne Forster und Stefan Fichert, die Puppet Players, stellen ihr soeben erschienenes Buch "Das Spiel ein Leben" vor, in dem sie die Geschichte ihres musikalischen und poetischen Figurentheaters erzählen. Es ist ein wunderbar gestaltetes Buch, mit vielen Fotos und Zeichnungen, das zum Schmökern einlädt. Gewidmet ist es den beiden Kindern, Jakob, dem Pianisten, und Anna, der Schauspielerin, die gerade ein kleines Mädchen geboren hat, wie Susanne Forster sichtlich gerührt berichtet.

Ein Schattenbild aus der "Chinesischen Nachtigall" veranschaulicht die Intention des Buches: den Flusslauf nachzeichnen und die wichtigsten Ein- und Zuflüsse benennen, also von allen berichten, die wichtig waren und das Ensemble-Theater mitgeprägt haben. Und das sind auch die Gautinger Bürgermeister, die ihnen wohlgesonnen geholfen haben und ihr Mäzen Günther Klinge.

Den ersten Günther-Klinge-Preis hatten sie vor 30 Jahren im Rathausfoyer zusammen mit dem Maler Hans Olde entgegengenommen. Olde habe ihnen, den armen Puppenspielern, die Hälfte seines Preisgeldes überlassen, erzählt Forster, schaut kurz zu den grinsenden Teufeln und dankt allen Puppen, den besten Freunden, fast alle von Fichert entworfen und geschnitzt. Sie liest die ersten Passagen über Kindheit und Jugend in Gauting, die Lehrjahre bei John Wright in London, berichtet, wie sich die leichte heitere Luft im swinging London veränderte, die junge weiße Familie in ihrer alten multikulturellen Wohngegend nicht mehr gelitten war und so, 1976, nach Gauting heimkehrte. Kurz zuvor hatten sie zusammen mit George Speaight die London Puppet Players gegründet, und das Stück "Shakespeare & Co" inszeniert, doch schon am Tag nach der Premiere reisten sie mit dem dreijährigen Sohn Jakob Richtung Deutschland.

"Es empfingen uns ein offenes Haus, ein verwilderter Garten und liebende Großeltern." Ein Freund hatte 50 Vorstellungen der englischen Stücke an bayerischen Volkshochschulen untergebracht, ihr Bleiben erst mal gesichert. Auf Rat von Günther Klinge stellte Susanne Forster das erste bayerische Stück zusammen: "Unter, Ober, König, Sau" wurde zu einer der erfolgreichsten Produktionen.

Mit "einem Wasserfall" vergleichen sie die Begegnung mit Heinrich Klug 1980. Der Solocellist der Münchner Philharmoniker war begeistert, voller Ideen für gemeinsame Projekte. Erster gemeinsamer Erfolg: "Die Geschichte von Babar, dem kleinen Elefanten", viele andere folgten, wie "Mozart und Harlequin", "Die Geschichte vom Soldaten", bei der auch erstmals lebensgroße Schattenspielfiguren eingesetzt wurden. Seit 1992 hatte die Akkordeonspielerin Maria Reiter einen wichtigen Part. Spannend ist auch die nächste Etappe mit Hans Werner Henze und der Münchener Biennale, die zahlreichen Gastspiele rund um den Globus. Und klar, zwischendurch zeigen sie kleine Szenen aus ihren wichtigsten Produktionen, als Abschluss, nach dem Königspaar aus "Mozart auf Reisen", darf noch der Tod, ein fast lebensgroßes Gerippe, einen letzten Tanz aufführen.

© SZ vom 04.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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