Prozess:Messerstich ins Gesicht

Wegen einer lebensgefährlichen Attacke muss sich ein Starnberger vor dem Schwurgericht verantworten

Von Andreas Salch, Starnberg/München

Ein Taschenmesser habe er seit seiner Jugend immer bei sich, sagt der Angeklagte. Er sei schon im Alter von sieben Jahren oft mit seinen Eltern beim Wandern gewesen; da könne man so ein Messer gut gebrauchen, erklärte der heute 36-jährige Starnberger. Auch am 10. Oktober vorigen Jahres hatte er ein Schweizer Taschenmesser in seiner Hosentasche. Gegen 18 Uhr an jenem Samstag soll er an der Bushaltestelle nahe der Kreuzung von Wittelsbacher Straße und Josef-Jägerhuber-Straße damit fast einen Menschen getötet haben.

Seit diesem Donnerstag muss sich der 36-Jährige wegen dieses Vorwurfs vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mitarbeiter einer PR-Agentur versuchten Mord vor. Der Angeklagte habe dazu angesetzt "einen Menschen heimtückisch zu töten", sagte Staatsanwalt Florian Schweyer.

Der Anlass hätte nichtiger kaum sein können. Der Starnberger hatte an der Bushaltestelle den Fahrplan gelesen und war stark betrunken. Seine Blutalkoholkonzentration betrug knapp über zwei Promille, wie ein Test ergab. In der Nähe der Haltestelle standen einige Männer, die sich dort regelmäßig treffen, vor allem um miteinander Bier zu trinken. Der PR-Mitarbeiter wollte zum Kreiskrankenhaus. In diesem Augenblick wurde er von einem der Männer angesprochen. Der 61-Jährige sagte dem Starnberger, dass heute dorthin kein Bus mehr fahren würde. Der PR-Mitarbeiter soll daraufhin entgegnet haben: "Dich habe ich erst im Bus gesehen, Du besoffene Sau" und war weitergegangen. Der 61-Jährige aus der Clique gab zurück, dass es seine Sache sei, ob er besoffen sei. Danach soll der Starnberger zwar mehrmals weggangen, doch letztlich immer wieder zu der Gruppe zurückgelaufen sein. Dann eskalierte die Situation.

Der 61-Jährige schlug dem Starnberger angeblich mit der Faust ins Gesicht. Danach soll dieser erneut weggelaufen sein. Laut Anklage habe er diesmal jedoch sein Taschenmesser gezogen, sei zurück zu der Gruppe, habe sich vor den älteren der beiden Männer, mit denen es zum Streit gekommen war, hingestellt und eine "schnelle Bewegung" in die "Gesichts- und Halsregion" seines Kontrahenten gemacht. Der 61-Jährige soll das Messer nicht einmal gesehen haben. Er erlitt im Gesicht eine zwölf Zentimeter lange stark blutende Schnittwunde vom rechten Mundwinkel bis zur Schläfe. Durch den Schnitt wurde eine Arterie durchtrennt. Der Angeklagte flüchtete. Er wurde von einem Freund des Opfers eingeholt und zu Boden gebracht. Es kam zu einem Gerangel. Dabei brachte der 36-Jährige seinem Verfolger eine Schnittverletzung am linken Unterschenkel bei. Dann setzte er seine Flucht fort. In der Nähe des Gymnasiums wurde er von der Polizei gefasst. Bei seiner Vernehmung vor Gericht sagte der 36-Jährige, er habe sein Opfer nicht verletzen, sondern ihm nur "einen Schreck einjagen wollen." Der Prozess dauert an.

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