Politik:Strittiger Ausbau der Lenbachstraße

Starnberger Stadträte fordern von Bürgermeisterin Eva John den Beschluss-Nachweis

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Mitteilung der Stadtverwaltung umfasste nur vier Zeilen, doch in kommunalpolitischer Hinsicht war sie sehr brisant: "Auf Grund von Kanalarbeiten im Auftrag des Abwasserverbands muss die Lenbachstraße vom 6. Juni bis 28. Juli voll gesperrt werden", informierte Lena Choi, persönliche Referentin von Bürgermeisterin Eva John, am Dienstag die Presse. Dazu gab es eine Umleitungsempfehlung - das war's schon. Wieso, weshalb, warum - all dies blieb unklar. Bei einigen Stadträten aber schrillten die Alarmsirenen.

Das Vorhaben - geplant ist der Umbau der Lenbachstraße mit neuem Gehweg - war schon zweimal Beratungsgegenstand im Bauausschuss und wurde zweimal abgelehnt. Grund: Exorbitante Kosten in Höhe von voraussichtlich 400 000 Euro. John will das Projekt in der "stadtratslosen Zeit" - also zwischen Dezember 2014 und Mai 2015 - beschlossen haben, konnte dazu aber bislang keinen Beschluss vorlegen. Weitere Ungereimtheit: Norbert Impelmann, Chef des Abwasserverbands Starnberger See, stellte klar, dass das erst im Herbst 2016 vereinbarte "Kooperationsprojekt allein auf Wunsch der Stadtverwaltung realisiert werden soll". Die betroffenen Anwohner dagegen wissen scheinbar noch nichts von ihrem Glück.

Die nur wenige hundert Meter lange Lenbachstraße mit einseitigem Fußweg - eine Verbindung zwischen Prinz-Karl- und Josef-Fischhaber-Straße wirkt eher unauffällig: Im Vergleich zu den vielen als protzig empfundenen Villen in der Nachbarschaft nehmen sich die sechs Häuser geradezu bescheiden aus. Eine offizielle Begründung, aufgrund welcher Notwendigkeit ausgerechnet in der Lenbachstraße der Straßenbelag aufgebrochen und erneuert werden soll, gibt es derzeit nicht.

Im nicht-öffentlichen Teil der Bauausschusssitzungen am 4. und 18. Mai soll es beim strittigen Thema heiß hergegangen sein. Demnach soll John auf Anfrage nach dem Beschluss für das Vorhaben zunächst argumentiert haben, sie könne das Papier wegen des maroden EDV-Systems ("Allris") nicht finden. Weshalb sie das Gremium erst zwei Jahre später informierte, soll die Bürgermeisterin mit dem Hinweis gekontert haben, man habe nicht daran gedacht. Und auch im Haushalt 2017 taucht die Position nicht auf; sie soll angeblich "vergessen" worden sein.

Folgerichtig verweigerte eine Mehrheit im Bauausschuss die Zustimmung zum Vorhaben; das Thema wird daher voraussichtlich im Bauausschuss (29. Juni) oder Stadtrat (3. Juli) erneut behandelt. Allerdings befasst sich inzwischen auch die Kommunale Rechtsaufsicht am Landratsamt mit der Vergabe des umstrittenen Bauauftrags: Behördensprecher Stefan Diebl bestätigte, dass ein entsprechender Antrag aus dem Kreis des Stadtrats mit Bitte um Überprüfung vorliegt; die Rechtsaufsicht forderte die Stadtverwaltung zur Stellungnahme auf. Zudem ist weiterhin offen, ob die in Starnberg - auf Betreiben Johns derzeit nicht angewandte - Straßenausbaubeitragssatzung nicht doch noch zur Anwendung kommt.

Am Donnerstag ruderte die Stadtverwaltung zurück: Die Baufirma habe eine "verkehrsrechtliche Anordnung zur Sperrung der Lenbachstraße" bis 28. Juli beantragt und genehmigt bekommen, hieß es aus dem Rathaus. Weil aber "der Baubeginn erst für 1. August vorgesehen ist", seien Antrag und verkehrsrechtliche Genehmigung hinfällig. Zudem sei die Vergabe der Bauleistung noch nicht erfolgt. An dieser Darstellung gibt es Zweifel: John soll den Stadträten gedroht haben, sie würden sich bei Ablehnung des Vorhabens regresspflichtig machen.

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