Pöcking:Pferdeäpfel mit Knoblauch

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"Lust und Liebe" - ein Stück über Martin Luther und Katharina von Bora mit Ernst Matthias Friedrich und Cornelia Bernoulli im Pöckinger Waschhäusl. (Foto: Arlet Ulfers)

In einem szenischen Porträt würdigt Cornelia Bernoulli Luthers Frau Katharina von Bora

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Er nannte sie "mein Herr Käthe, Morgenstern von Wittenberg oder geliebtestes Weib". Dabei wollte Martin Luther Katharina von Bora zunächst gar nicht heiraten. Es war ihr Vorschlag und der ehemalige Mönch war so verblüfft, dass er ihn annahm. "Ich stehe nicht in Hitze und Leidenschaft zu meiner Frau, aber ich habe sie gerne", soll er gesagt haben und wollte mit ihr in einer enthaltsamen "Josefs-Ehe" leben. Aus dieser Verbindung gingen dann freilich sechs Kinder hervor.

Über Luther gibt es zum Jubiläumsjahr der Reformation zahlreiche Veranstaltungen. Die Schauspielerin Cornelia Bernoulli aber interessierte sich schon immer für Frauen, die hinter großen Persönlichkeiten stehen. Nach Theatercollagen über die Frauen Frank Wedekinds oder Hermann Hesses hat Bernoulli nun die Frau an der Seite des Reformators porträtiert. "Luthers Lust und Liebe" heißt die Mischung aus Lesung, Zitaten, Theaterszenen und Liedern, mit der sie mit ihrem Partner Ernst Matthias Friedrich im Literaturcafé "Waschhäusl" auftrat. Normalerweise geben die beiden Schauspieler Vorstellungen in Kirchen oder Museen und nicht in übervollen Cafés. Doch diese Herausforderung haben sie gerne angenommen, sagt Angela Stimmer, Vorsitzende des Vereins Literaturcafé. Und am Ende erntete die "Bonsai-Vorstellung", wie Bernoulli sie nannte, auch begeisterten Applaus vom vorwiegend weiblichen Publikum.

Das Leben der Katharina von Bora sollte ursprünglich anders verlaufen. Schon mit sechs Jahren steckte sie ihr Vater ins Kloster, als er eine neue Familie gründete. Dort las sie die ersten Schriften Martin Luthers: Der hatte festgestellt, dass im Zisterzienserkloster Mariathron viele Nonnen lebten, "die da nicht hingehören". In Katharina von Bora reifte der Gedanke zur Flucht. Der Legende nach soll sie mit neun weiteren Nonnen in leeren Heringsfässern aus dem Kloster geschmuggelt worden sein. Luther nahm die Nonnen auf, versuchte sie bei Verwandten unterzubringen oder an Ehemänner zu vermitteln, um sie zu versorgen. Doch von Bora blieb übrig. "Gott hat es also gefügt, dass ich mich ihrer erbarmt habe", schrieb Luther nach der Hochzeit am 13. Juni 1525.

"Immer stehen die Männer im Vordergrund, die Frauen sind im besten Fall anonyme Idealbilder", merkt Bernoulli dazu an. Zur Unterhaltung des Publikums fühlt sich die gebürtige Schweizerin in die für ihre Zeit sehr emanzipierte von Bora ein und legt ihr Zitate in den Mund. Nachgewiesen ist hingegen, dass die Heirat für Luther ein Glücksgriff war - auch wenn von allen Seiten gegen die "Xanthippe der Reformation" gehetzt wurde. Von Bora hatte im Kloster eine umfassende Bildung erhalten und verwaltete den gesamten Hausstand mit allen Gästen, die bei Luther Unterschlupf fanden. Die liebevolle Ehefrau und Mutter verstand sich auch auf Kräuterkunde und konnte diverse Krankheiten Luthers heilen, wie Magenkrämpfe, Schwindel oder Gicht. Seine "schwarzen Gedanken" aber bekämpfte sie durch Pferdeäpfel mit Knoblauch. Luther versuchte, sie durch ein Testament abzusichern. Doch die als Vormund eingesetzten Freunde ließen die Witwe im Stich. Sie starb in bitterer Armut an einem Beckenbruch, nachdem ihre Kutsche umkippte.

© SZ vom 14.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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