Pähl:Pähler Bürgermeister vertreibt Naturschützer

Enzian am Hirschberg

Blaue Schönheit: Der stängellose Enzian leuchtet am Hirschberg, ist dort aber wie das ganze Biotop bedroht.

(Foto: oh)

Wertvolle Magerwiese am Hirschberg wird nicht mehr gepflegt. Jetzt werden seltene Blumen von Gras und jungen Eichen verdrängt

Von armin greune, Pähl

Der Hirschberg in der Schleife der Bundesstraße 2 oberhalb von Pähl ist für Naturliebhaber eines der beliebtesten Ausflugsziele im Fünfseenland. Vom 684 Meter hohen Aussichtspunkt blickt man auf Ammersenke und Zugspitze. Bei Föhn reicht die Fernsicht sogar bis in die Allgäuer Alpen. Aber auch die Blütenpracht am Hirschberg ist weithin berühmt: Es handele sich "um eine der artenreichsten Magerwiesen im Alpenvorland", sagt Matthias Hett. Der Mann muss es wissen, denn er leitet den Fachbereich Naturschutz am Landratsamt Weilheim-Schongau.

Der ökologisch wertvolle Hang unterhalb der brach liegenden Hirschbergalm ist als Biotop und Flora-Fauna-Habitat ausgewiesen, dieses einen Hektar große, sogenannte Amphitheater gehört der Gemeinde Pähl. Dort ist nun deutlich zu sehen, wie hohes Gras und junge Eichen die raren Blütenpflanzen verdrängen. Die Fläche droht völlig überwuchert zu werden, weil Bürgermeister Werner Grünbauer mit dem Naturschutz auf Kriegsfuß steht.

Küchenschelle, Echte Schlüsselblume Schusternagel und stängelloser Enzian blühen im Frühjahr; Kugelblume, Bienenragwurz, Rauer Alant und Kalkaster folgen im Lauf des Jahres; doch nur so lange, wie eine regelmäßige Mahd die Ausbreitung von Gras und das Anwachsen von Sträuchern verhindert. Im vergangenen Jahr hatte die Gemeinde die Pflege des Amphitheaters dem Bund Naturschutz (BN) entzogen. Das Motiv verrät das Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 9. April 2015. Dort ist zu lesen, wie der Rathauschef auf eine besorgte Anfrage zur Verpachtung und Artenvielfalt der Wiese antwortete: "BGM Grünbauer ist der Auffassung, dass es nur in Verbindung Radweg, Pähler Schlucht zu einer Regelung kommen kann."

In einer Pressemitteilung warnt der BN nun vor einer Zerstörung des Biotops am Hirschberg. 30 Jahre lang hatten die ehrenamtlichen Mitglieder das Amphitheater gemäht und gepflegt; mit Ausnahme der Jahre 2005 bis 2007, als der BN streikte, weil der Freistaat Fördermittel verweigerte. Damals sei bereits nach zwei Jahren eine deutliche Degradierung festzustellen gewesen, sagt der BN-Kreisvorstand und promovierte Biologe Helmut Herrmann: "Wenn im Kalkmagerrasen erst mal mehrere hundert Eichen wurzeln, reicht für die Arbeit ein Balkenmäher nicht mehr aus". Besonders empfindlich gegen Verfilzen und Verbuschung sind niedrige Rosettenpflanzen wie die Enziane oder die höchst rare Kleine Wachsblume. Herrmann fragt sich, ob erst wie in der Pähler Schlucht ein irreparabler Schaden eintreten muss, bis die Fachbehörden aktiv werden.

"Der Bürgermeister hat sogar ein Betretungsverbot für unsere Mitglieder ausgesprochen", teilt BN-Sprecherin Hildegard Kosmann mit. 2013 habe man der Gemeinde angeboten, das Amphitheater anzukaufen oder zu pachten, der Gemeinderat hatte dies bei zwei Gegenstimmen abgelehnt.

Für zwei kleinere Flächen am Hirschberg mit einer Gesamtfläche von 0,3 Hektar , die dem Pähler Gartenbauverein beziehungsweise zur Hirschbergalm gehören, leistet der BN weiter die Pflegearbeiten. Ebenso auf den drei Kuppen, die als Naturdenkmale ausgewiesen sind: Diese sogenannten Tumuli entstanden aus Sedimenten, die am Ende der Eiszeit zunächst auf den abschmelzenden Gletschern zusammengespült wurden. Diese Entwicklung erklärt auch, warum sich auf dem Hirschberg zahlreiche Pflanzen finden, die eigentlich für höhere Lagen der Alpen typisch sind.

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