Oberpfaffenhofen:Hand in Hand

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Professor Michael Lauster von der Fraunhofer Gesellschaft erläuterte am Technologietag beim Satellitenhersteller OHB künftige Entwicklungen. (Foto: Georgine Treybal)

Der Wettbewerb in der kommerziellen Raumfahrt wird härter. Um Spitzentechnologie anbieten zu können, kooperieren die Wissenschaftler der Fraunhofer-Gesellschaft enger mit den Ingenieuren des Satellitenherstellers OHB

Von Wolfgang Prochaska, Oberpfaffenhofen

Die Wissenschaftler der Fraunhofer-Gesellschaft des Bereichs Raumfahrt und die Techniker des Satellitenherstellers OHB in Oberpfaffenhofen rücken enger zusammen - und stärken damit den Luft- und Raumfahrtstandort Oberpfaffenhofen. Profitieren wird von dieser Zusammenarbeit auch der OHB-Nachbar, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Bei OHB werden die Satelliten für das europäische Navigationssystem Galileo produziert, die vom DLR gesteuert werden. Die Fraunhofer-Leute haben die Technologie geschaffen.

Unter dem Motto "Technologien von morgen für die Raumfahrt von heute" fand am Mittwoch zum ersten Mal in den Räumen von OHB ein Technologietag statt, in dessen Rahmen auch die Kooperationsvereinbarung unterschrieben wurde. Künftig soll es regelmäßig diese Treffen geben, um den Informationsaustausch zu forcieren, sagten in ihrer Begrüßungsrede Timo Stuffler, Chef der Geschäftsentwicklung bei OHB, und OHB-Vorstand Fritz Merkle. Ziel sei es, die Kosten für die Raumfahrt günstiger zu gestalten, die Fertigungsmethoden zu verbilligen und den Wissensvorsprung zu sichern.

Die Rollen der beiden sind klar verteilt: Die Fraunhofer-Wissenschaftler sollen die Technologien liefern, die OHB-Ingenieure dann die Produkte entwickeln und zwar wettbewerbsfähig, also möglichst kostengünstig. Denn der Wettbewerb wird härter, weil nicht nur neue Nationen ins kommerzielle Raumfahrtgeschäft einsteigen, sondern auch Privatleute wie die Internet-Milliardäre Elon Musk (Tesla, Space X) und Amazon-Gründer Jeff Bezos (Blue Origin). Dass die Raumfahrt, zu der nicht nur Mond- und künftige Marsflüge gehören, sondern vor allem die Bereiche Kommunikation und Navigation per Satellit, ein zukunftsträchtiger Markt ist, unterstrich Dietmar Schreyer vom bayerischen Wirtschaftsministerium. Er wies darauf hin, dass die weltweiten Umsätze auf diesem Sektor inzwischen 20 Prozent des Welthandels ausmachen und damit genauso groß sind wie der Automobilbereich. Allein in Bayern erwirtschaftet dieser Technologiesektor einen Umsatz von sieben Milliarden Euro im Jahr. Er mahnte daher im Hinblick auf die Möglichkeiten und Herausforderungen der digitalen Wirtschaft an, "nicht an Branchengrenzen festzuhalten", eine Zusammenarbeit sei notwendig.

Wie groß dieser Aufgaben- und damit Wirtschaftsbereich Space schon ist, skizzierte Franziska Zeitler vom DLR-Raumfahrtmanagement. Ob Satelliten-Daten für den Klimaschutz, zur Ressourcenknappheit, zum Bevölkerungswachstum, zur Mobilität oder zum Verkehrsmanagement samt autonomen Fahren, die Anwendungen werden immer vielfältiger. Zeitler rechnet mit einem "sprunghaften Anstieg der Startrate von Satelliten", was zwar neue Probleme schafft - Stichwort Weltraum-Müll - aber die Nachfrage nach Spitzentechnologie, wie sie bislang OHB anbietet, weiter erhöht. Profiteur der Weltraumforschung ist das DLR in Oberpfaffenhofen. DLR-Forscher Harald Hofmann meinte: "Wir wachsen stark." Inzwischen arbeiten 1800 Wissenschaftler und Forscher an diesem Standort. Er ist inzwischen der größte. Das Leistungszentrum für Robotik verzeichnet jährlich eine Ausgründung, das heißt, DLR-Mitarbeiter machen sich mit einer eigenen Firma selbständig.

Professor Michael Lauser, Sprecher der Fraunhofer-Allianz Space, ein Zusammenschluss von 15 Instituten, und Hans-Otto Feldhütter, Direktor für Geschäftsmodelle bei der Fraunhofer-Gesellschaft, sprachen denn auch von anwendungsorientierter Forschung. "Die Auftragsforschung ist unser Kerngeschäft", betonte Feldhütter. Die Fraunhofer-Wissenschaftler haben einen guten Ruf: Sie haben die MP 3-Technik erfunden, mit deren Hilfe die Speicherung und Übertragung von Musik auf Computern und Smartphones erst möglich wird. Entsprechend "schön" seien die Lizenzzahlungen. Dass die Raumfahrt kein Selbstzweck mehr ist, vielmehr neue Möglichkeiten schafft und immer mehr in Verbindung mit Technologien aus ganz anderen Bereichen tritt, auf diese Entwicklung wies Professor Lauser in seinem kurzen Referat hin. Den Technologietag rundete eine Ausstellung mit Technik-Exponaten ab.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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