Oberpfaffenhofen:Freunde im All

Astronaut Alexander Gerst erzählt im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt über seine Mission in der Raumstation ISS. In Oberpfaffenhofen zu sein, sei wie nach Hause zu kommen, sagt er

Von Patrizia Steipe, Oberpfaffenhofen

Ob ihn sein sechsmonatiger Aufenthalt im All verändert hat, wie man sich so in der Schwerelosigkeit fühlt und ob die Astronautenkost schmeckt? Es sind meistens die gleichen Fragen, die dem ESA-Astronauten Alexander Gerst seit seiner Rückkehr von der Internationalen Raumstation ISS gestellt werden. Auch bei seinem ersten Besuch seit dem Ende der "Blue Dot"-Mission im Columbus-Kontrollzentrum des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) in Oberpfaffenhofen wird er von Journalisten danach gefragt. Trotz der unzähligen Veranstaltungen und Termine, die Gerst in den vergangenen Monaten absolviert hat, wird der deutsche Astronaut nicht müde, immer wieder seine Eindrücke zu schildern.

Seine Perspektive habe sich tatsächlich verändert, gibt der Geophysiker zu. Aus 400 Kilometern Entfernung betrachtet sei die Erde "einfach nur eine Steinkugel, mit einer hauchdünnen Atmosphäre, die durch das riesige Universum schwebt". Die Begrenztheit der Ressourcen, die Gefahr, dass das zerbrechliche System durch Menschenhand "aus Versehen" zerstört werden könne - das sei ihm seit seinem Allaufenthalt bewusst geworden. Seit seiner Rückkehr ist der Astronaut neben seinen PR-Verpflichtungen viel mit den Nachbesprechungen der Mission beschäftigt, und dann muss er sich auf seine neue Aufgabe vorbereiten: "Ich werde die nachfolgenden Astronauten bei ihrem Flug beraten." Außerdem stehe er im Astronautencorps für weitere ESA-Missionen parat, denn Gerst drängt es wieder ins All. "Der Mensch ist ein Entdecker" philosophiert er, und "ja", auf den Mars würde er gerne fliegen. "Das ist das größte Abenteuer der Menschheit". Ob es dort Fossilien gebe oder wie die Menschen vermeiden können, dass ihr Planet ebenso wüst und leer wird, seien Fragen, die es zu ergründen gelte. Ein wenig vermisse er auch die Schwerelosigkeit, die einfach Spaß mache, oder die extreme Herausforderung, die sein Außenaufenthalt im All für ihn bedeutet hatte. "Angenehm" sei das Gefühl gewesen, nur an Sicherheitshaken befestigt, frei im Universum zu schweben. "Ich sah meine Füße und 400 Kilometer weiter unten auf der Erde Südamerika vorbeiziehen."

Im DLR wurde der Astronaut herzlich begrüßt. Auch für ihn sei es ein wenig "wie nach Hause kommen". Mit dem Columbus-Team habe er während seiner Mission auf der ISS viel kommuniziert, "schön, dass ich die Leute jetzt treffe, die ich im Orbit nur auf Video-Konferenzen gesehen habe", freute sich Gerst. Passend sei der Vergleich mit der Formel-1, wo ebenfalls nur eine Person im Blickpunkt stehe, aber für den Erfolg nicht nur der Pilot, sondern ein ganzes Team verantwortlich sei. Immer wieder stellten sich die DLR-Mitarbeiter für Fotos mit ihrem Astronauten-Kollegen auf oder erbaten Autogramme. "Es kommt auf jeden einzelnen an", lobte Gerst.

Bei einer Überraschungsschaltung ins All schickte er seine italienische Kollegin Samantha Cristoforetti, die ihn nicht sofort erkannt hatte, gleich mal aufs Trainingsgerät - Spaß muss sein. Mit seinen beiden Kollegen, die mit ihm im vergangenen Jahre im All waren, hält Gerst losen Kontakt. Ab und an ein Telefonanruf, eine E-Mail, "zu wenig Zeit für mehr" bedauert Gerst, der sich mit den beiden auf der ISS so gefühlt habe, als ob er mit "Freunden in der Garage bastele". Der Deutsche, der Russe und der Amerikaner hätten sich sehr gut verstanden und sich gegenseitig ihre Heimat gezeigt - aus der Raumstation.

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