Neuer Band:Denkende Krapfen und verliebte Einkaufswagen

Vorstellung des 13. Starnberger Heftes; Das 13. Starnberger Heft ist fertig

Die Autoren und Herausgeber der Starnberger Hefte.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die neue Ausgabe der Starnberger Hefte widmet sich dem geheimen Leben von Schmalzgebäck und dem blöden ersten Satz

Von Amelie Plitt

Starnberg Wie sollen Krapfen denken und Einkaufswagen sich verlieben können? Aufklärung verschafft die neue Ausgabe der Starnberger Hefte unter dem Motto "Denken". "Es geht ums Nachdenken über den ersten Satz, über Beziehungen und Begegnungen, ums Ausdenken ungewöhnlicher Geschichten" schreibt die Redaktion im Vorwort des neuen Bandes. Die Liebhaber der Starnberger Hefte, die vom Literaturzirkel Freies Schreiben am Starnberger Gymnasium produziert werden, trafen nun im Café Prinzregent ein, um den neuen Gedichten und Kurzgeschichten in gemütlicher Atmosphäre gespannt zu lauschen. Junge und ältere Autoren sowie Fans der Hefte waren gekommen.

Gerade der Austausch zwischen den Generationen macht die Starnberger Hefte reizvoll und eröffnet den Blick auf verschiedene Perspektiven. Ernst Quester, Herausgeber der Starnberger Hefte, schätzt daher die öffentlichen Lesungen besonders. Als charmant empfindet er die klaren Aussagen der jungen Autoren. So hat der Lesezirkel neben Lehrern, ehemaligen Lehrern und ehemaligen Schülern für seine aktuelle Ausgabe eine Reihe von neuen Autoren gewinnen können, die noch das Starnberger Gymnasium besuchen.

Gleich zu Beginn der Lesung geht es um das Motto des Heftes. Thema ist der erste Satz. Bei dem Einstieg in eine Konversation entpuppt er sich häufig als tückisch, und der ein oder andere im Publikum erinnert sich daran, dass er sich über diesen vermaledeiten ersten Satz schon oft den Kopf zerbrochen oder er einen mächtig in die Bredouille gebracht hat. Lotta Döbler kommt in ihrer launigen Kurzgeschichte "Der erste Satz" zu einem ambivalenten Fazit: "Sie können Menschen honigkuchenpferdfreudig machen oder suizidgedankenmäßig traurig." Erste Sätze bleiben also laut Döbler unberechenbar, weshalb das Grübeln darüber nie aufhört. Mit der Geschichte "Die Gedanken der denkenden Krapfen" inspirierte die Schülerin Vanessa Lange das Leitmotiv der aktuellen Ausgabe. Sie schildert humorvoll die Gedanken und Emotionen aus dem Alltag eines Vanille-, Eierlikör-, Tiramisu- und Puderzuckerkrapfens, die in der Vitrine einer Bäckerei liegen. Im Laufe des Vortrags könnte man tatsächlich denken, die Krapfen wären lebendig. Aber nicht nur Schmalzgebäck kann scheinbar denken, wie die Liebesgeschichte zwischen zwei Einkaufswagen von Tobias Lange suggeriert.

Die fantasievolle Erzählung entstand durch Zufall bei einer Deutschschulaufgabe in der fünften Klasse und animierte den Jungen zu dieser ironisch konnotierten Geschichte unter dem Titel "Heimliche Liebe". Die Romanze, die aus der Sicht eines der beiden Einkaufswagen geschildert wird, beginnt verheißungsvoll: "An einem schönen Samstagmorgen stand ich mit meinen Freunden am Aldieinkaufswagenparkplatz. Ich war nämlich neu hier."

Die ehemalige Schülerin Julia Behr wiederum zieht mit einem Ausschnitt aus ihrer spannenden Geschichte "Die Galerie" die Zuhörer in ihren Bann. Der Ich-Erzähler trifft beim Besuch einer Ausstellung auf einen mysteriösen, angsteinflößenden Mann in dessen Anwesenheit sich merkwürdige Zufälle ereignen. Am Ende lässt sich die Situation aber doch aufklären.

Daneben ist die Lesung philosophisch grundiert. Herbert Kreibich präsentiert seine Überlegungen "Vom brennenden Dornbusch und anderen Merkwürdigkeiten" und leitet seinen Vortrag mit der Frage ein, was ein brennender Dornbusch mit seinem Deutschabitur zu tun oder was eine Viehtränke mit dieser Prüfung gemein habe. Auf den ersten Blick nichts, so folgert er und führt so in seinen Vortrag ein. Einen innovativen Impetus erhält das aktuelle Starnberger Heft auch durch einen Poetry Slam: Laura Wunderlich performte das Gedicht "Zu Stein geworden" rhythmisch.

Ihr Protagonist leidet unter Liebeskummer und fühlt sich, als sei er zu Stein geworden. An einer Stelle heißt es: "Aber ich bin zu Stein geworden, so wie es jeder Mensch irgendwann wird, bin kalt und hart und wortlos geworden, ein Klumpen Materie der nichts spürt."

Der Abend wird abgerundet mit dem wiederholten Blick auf den verflixten ersten Satz. Thomas Maier-Bandomer, Leiter der Starnberger Hefte, beschließt die Lesung mit verschiedenen Perspektiven auf den ersten Satz. Laut Verfasser kann er der Auftakt betörend sein, verloren gehen oder aus der Kanne genommen und nochmals aufgebrüht werden.

Letztlich kommt aber auch er zu einem zwiespältigen Ergebnis und lässt die Zuhörer nachdenklich zurück: "Der erste Satz ist immer der schwerste. Mit dem zweiten Satz anfangen ist aber keine Lösung. Von hinten anfangen? Ich weiß auch nicht. . ."

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