Nepomuk:Eva und die Tontafeln

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Moses und die Bürgermeisterin haben mehr gemeinsam als man denkt

Von Eurem Nepomuk

Moses kam vom Berg Sinai runter, mit zwei Tontafeln in der Hand, er verkündete die zehn Gebote, dazu gab es Schnitzel und Kartoffelsalat. Was für ein Auftritt. Wie, es gab damals keine Schnitzel? Nach der langen Zeit bringt man halt mal was durcheinander. Dann war es halt Fisch oder Oblaten. Die Schnitzel gibt es bei Eva John. Die Starnberger Bürgermeisterin lädt gelegentlich zum Verkündungstermin, kommt vom Schlossberg herunter, hält zwei Tontafeln in der Hand und spricht die fünf Gebote. Nein, wieder falsch. Aber so ist es richtig: Sie lädt in ihr Amtszimmer ein, hat ein paar Zettel vor sich liegen und sagt, was sie so alles beschlossen hat die letzten Tage. Einstimmig, immer mit einer 1:0-Mehrheit.

Es gibt ja in Starnberg allerlei Propheten, aber keinen Stadtrat, und so muss Eva John wichtige Entscheidungen eben allein treffen. Noch einsamer als Moses, weil ihr gar niemand dreinredet. Versteht ihr? Gar niemand. Das ist insgesamt recht praktisch. Keine Debatten, ob ein bisschen ehebrechen vielleicht doch erlaubt sein soll, wie viele Götter es gibt und wie breit der Gehsteig an der Hanfelder Straße nun ausgebaut wird.

Es hat ja schon so alttestamentarisch angefangen bei ihr. Erinnert ihr euch noch an das Wahlkampfplakat mit dem Apfel? Wer sehen konnte, hätte es ahnen müssen: dieser listige Blick, das hinterhältige Lächeln, die verführerische Frucht. Die Botschaft: Ihr werdet Euch noch umschauen, wie Frau Lot damals, der Adam Pfaffinger, der Adam Janik, der Adam Frey und wie sie alle heißen. Und jetzt dürft ihr dreimal raten, wie die Geschichte weitergeht. Ich verrat's euch: Es wird Wahlsonntag werden, und es wird Nacht werden und dann wird wieder Tag werden und so weiter. Und Eva John wird hingehen und die Wasser des Starnberger Sees teilen, und das Oberhaupt der Stadt wird werden lassen eine neue Furt für die Starnberger Süd-Umgehung mitten durch den See. Und ein großes Staunen und Raunen wird sein. Doch, doch. So steht's geschrieben. Hier nämlich. Im Anfang war das Wort.

© SZ vom 18.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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