Natur:Die unbekannten Schätze

Nicht nur die Seen gehören zu den Naturschönheiten im Landkreis. Es wachsen hier auch viele Kräuter auf Magerwiesen. Daraus werden Gerichte gekocht wie Knoblauchrauken-Baguette oder Rosenblüten-Tiramisu

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Frieding

"Unkraut", sagt Gisela Hafemeyer entsetzt. "Da kriege ich Herzbeschwerden." Die Kräuterpädagogin mag den Begriff "Un-Kraut" gar nicht. Für sie gibt es nur Kräuter, mit denen man den Speiseplan genussvoll ergänzen kann. Nicht jeder hat so eine positive Einstellung. Was für die einen essbare Kräuter mit viel Vitamin C sind, ist für andere lästiges Unkraut, dass radikal entfernt werden muss. Eine Frau erzählt, dass sich ihr Nachbar regelmäßig darüber beschwert, weil ihr Un-Kraut zu ihm hinüberwächst.

Auftakt zu 'Natur erleben'

Hinein ins frische Grün, den Kräutern auf der Spur, das waren die Teilnehmer der Aktion "Natur erleben".

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Auftaktveranstaltung zum Projekt "Natur erleben", das elf Jahre lang vom Tourismusverband organisiert wurde, fand heuer am vergangenen Wochenende erstmals unter dem Dach der Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung im Landkreis Starnberg (gwt) statt. Vielen Bürgern sei nicht bewusst, dass es neben der idyllischen Landschaft mit den vielen Seen und Mooren auch noch andere Schätze gebe, erklärt gwt-Chef Christoph Winkelkötter. Nach Angaben des für den Tourismus zuständigen Mitarbeiters Werner Schmid hat die Gemeinde Herrsching das Projekt 2006 initiiert. Im Laufe der Jahre sind mit dem Bund Naturschutz, dem Landesbund für Vogelschutz, der Gebietsbetreuung, der Mobilen Umweltschule sowie Kräuterpädagogen und Pilzkundlern immer mehr Partner hinzugekommen. Das Angebot wurde immer umfangreicher und ist aktuell auf rund 50 Veranstaltungen angewachsen. Mit Biber- oder Fledermausführungen, Vogelexkursionen, Baumklettern oder Radtouren soll die Natur erlebbar gemacht werden. Neu hinzu kommt dieses Jahr das Thema Wasser. Die Veranstaltungen sind insbesondere bei den Einheimischen sehr beliebt. Nur 30 Prozent der Teilnehmer sind laut Schmid Touristen. Ein weiteres Ziel des Projekts ist es, natur- und umweltverträgliche Strukturen im Tourismus und der Freizeitnutzung zu fördern. Wie Schmid betont, will man mit Information Verbote möglichst umgehen.

Trotz eisigen Ostwindes und schlechter Wettervorhersagen haben sich rund 25 Teilnehmer auf dem Hof von Gisela Hafemeyer in Frieding eingefunden. Sie ist seit zehn Jahren Kräuterpädagogin. Darüber hinaus hat sie auch eine Ausbildung zur Erlebnis -und Gartenbäuerin absolviert. Sie bietet nicht nur Wildkräuterführungen an. Aus den gesammelten Kräutern werden anschließend noch Gerichte gekocht wie etwa Knoblauchrauken-Baguette, Bärlauch-Obatzter oder Rosenblüten-Tiramisu. Zum Trinken gibt es die Kräuterlimonade "Wiesendudler", die aus Apfelsaft, Mineralwasser, Giersch, Zitronenmelisse, Gundermann und Zitronensaft hergestellt wird.

Auftakt zu 'Natur erleben'

Unkraut im herkömmlichen Sinn gibt es für Gisela Hafemeyer nicht. Die Kräuterpädagogin und Erlebnisbäuerin will Gästen und Einheimischen die hiesige Kräutervielfalt näher bringen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dann geht es los bis zu einem Feldweg, auf dem es intensiv nach Knoblauch duftet. Dicht an dicht wächst dort der Bärlauch. Laut Hafemeyer trauen sich viele Menschen nicht ihn zu pflücken, weil er mit giftigen Pflanzen, wie etwa Herbstzeitlosen, Maiglöckchen oder dem Aronstab verwechselt werden kann. Aus Erfahrung weiß sie jedoch, dass auch ein Bund Bärlauch, den man im Geschäft kauft, zuweilen ungenießbare Blätter enthalten kann. Auf der sicheren Seite sei man, wenn man den Bärlauch Blatt für Blatt abschneidet und den Stil drückt, bis es knackt.

Wiesen dürfen übrigens von April bis Oktober nicht betreten werden, es sei denn, man fragt vorher den Bauern. Und wo viele Menschen mit ihren Hunden Gassi gehen, sammelt Hafemeyer keine Kräuter - aus hygienischen Gründen. Ein weiterer Tipp: Viele Löwenzahnblüten auf der Wiese sehen zwar schön aus, sind aber ein Beleg für den Düngerstatus. Die Wiese in Frieding jedenfalls ist nicht gedüngt. Und dort wachsen so viele verschiedene Kräuter, dass manche Teilnehmer das Gefühl haben, sie stehen in einem Salatfeld. Es wird nicht nur gesammelt, es wird auch probiert. Die frischen Giersch-Triebe schmecken nach gelben Rüben und die Blütenknospen des Spitzwegerichs leicht bitter, im Nachgang jedoch nach Champignons. "Man kann sich richtig verwöhnen", schwärmt Hafemeyer. "Aber es macht halt ein bisschen mehr Arbeit."

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