Nahverkehr:Unternehmer fordern zweiten Expressbus

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Angesichts der angespannten Finanzlage und erwarteten Kosten in Höhe einer halben Million Euro hatte der Kreistag das Thema "X 910" eigentlich vertagt. Firmen aus Oberpfaffenhofen bitten darum, diese Entscheidung zu überdenken

Von Wolfgang Prochaska, Starnberg/Weßling

Über die Expressbuslinie X 910 von Weßling über Gauting zur U-Bahnstation Klinikum Großhadern - es wäre die zweite im Landkreis - ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Eigentlich hatten die Kreisräte wegen des zu erwarteten Defizits in Höhe von 500 000 Euro pro Jahr das Projekt auf die lange Bank geschoben, da die Schulden des Landkreises in den kommenden Jahren ohnehin rasant steigen werden und man deshalb sparen wollte. Nun haben sich aber Unternehmen und Firmen aus Oberpfaffenhofen, deren Mitarbeiter besonders von der neuen Linie profitieren sollten, in einem Brief an den Kreistag gewandt.

Ihre Bitte: "Wir appellieren an Sie als unsere gewählten Vertreter im Kreistag, Ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken." Die Kreisräte sollten der neuen Expresslinie "eine Chance" geben. Von einem "mutigen Beitrag zu einem zukunftsfähigen Mobilitätsmix aus Individualverkehr und öffentlichen Nahverkehr" ist die Rede. Unterschrieben haben alle wichtigen Unternehmen aus den dortigen Gewerbegebieten, darunter das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, der Satellitenhersteller OHB, der Autozulieferer Webasto, der Flugzeugausstatter AOA Apparatebau, der Technologiekonzern Ruag Deutschland sowie das Software-Unternehmen Mensch und Maschine.

Im Kreisumwelt- und Mobilitätsausschuss am Dienstag machte der Brief Eindruck. Dabei wurde in der Diskussion deutlich, dass auch Landrat Karl Roth nicht mehr ganz so abgeneigt ist, die Linie schneller einzuführen. "Wir sind im Gespräch mit den Unternehmen in Oberpfaffenhofen", informierte er die Kreisräte. Darin soll vor allem diskutiert werden, welchen Beitrag die Firmen zu der Buslinie selber leisten könnten. Das Stichwort heißt Sponsoring. Dadurch ließe sich das Defizit für die schnelle Busverbindung absenken, was auch den betroffenen Kommunen wie Weßling entgegenkommen würde, die ebenfalls ihren finanziellen Obolus im fünfstelligen Bereich leisten müssen.

Aber nicht nur die Firmenchefs setzen sich für den Express-Bus ein, auch in Kreisrat Max Stürzer haben sie einen großen Befürworter. Er ist vom Erfolg der geplanten Linie überzeugt: "Die wird sicherlich ein Renner." Bedarf und Nachfrage seien hoch. Viele Unternehmen hätten auch deshalb ihre Firmensitze in die Gewerbegebiete um Oberpfaffenhofen verlegt, da diese durch den öffentlichen Nahverkehr gut angebunden seien, bald auch durch den Schnellbus. "Damit hat man gerechnet."

Stürzer bezweifelte auch das Defizit von einer halben Million Euro angesichts der Nachfrage. Die Verkehrsmanagerin des Landkreises, Susanne Münster, räumte in der Sitzung ein, dass diese Summe eine reine Schätzung sei. "Wir werden heuer noch das Ergebnis der Ausschreibung erhalten. Dann wissen wir genau, wie viel die Einführung der einzelnen Linien kostet." Das heißt: Sollten die Kosten niedriger als erwartet ausfallen, wäre im Etat noch Luft für den Expressbus. Münster wies darauf hin, dass man diese Linie jederzeit ausschreiben könnte, also schnell reagieren kann. An den Gesprächen mit den Firmenchefs nimmt Münster ebenfalls teil. Bekanntlich soll der X 910 in knapp 40 Minuten von Weßling zur U-Bahn in Großhadern fahren - und zwar alle halbe Stunde, um alle Arbeitszeiten abzudecken. Eine Teilstrecke verläuft über die Autobahn, was nicht nur Landrat Roth wegen der dortigen Staugefahr problematisch findet, sondern auch ein Großteil der Kreisräte.

Wie viel eine Fahrt künftig kosten wird, hängt vom Zeitpunkt der Einführung der Buslinie ab. Der Münchner Verkehrsverbund (MVV) überarbeitet derzeit mit den Landkreisen und der Landeshauptstadt sein Tarifsystem. Eine Flatrate wie in Wien wird es nicht geben, meinte Münster in der Sitzung, die an der Tarifreform mitarbeitet. Es läuft wohl darauf hinaus, für das bestehende System ein "Feinkonzept" zu entwickeln mit weniger Preissprüngen an den Zahlgrenzen. Ziel sei aber ein Tarif, der nur nach der Entfernung abrechnet. Ein Pilotversuch sei angedacht, so Münster.

© SZ vom 29.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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