Nach 23 Jahren:Neue Wirtsleute für die Seestub`n gesucht

Weil Brigitte und Gerhard Völkl aufhören, will der Landkreis das Traditionslokal am See im April neu verpachten.

Von Astrid Becker, Starnberg/Percha

Seine Enkel liebt Gerhard Völkl heiß und innig. Und wenn er dann sein Handy zückt, um einem ein paar Videos von den beiden dreijährigen Zwillingsbuben zu zeigen, versteht man, warum er sich wünscht, mehr Zeit mit ihnen verbringen zu können. In voller Kochmontur sind die beiden dort zu sehen, wie sie sich von ihrem Großvater die richtige Zubereitung von dessen Spezialität zeigen lassen: Kaiserschmarrn. Diese Mehlspeise beherrscht Völkl so perfekt, dass ihn deshalb sogar schon einmal ein Team des Österreichischen Fernsehens vor die Kamera geholt hat. Geschichten wie diese kann Völkl viele erzählen. 23 Jahre hat er zusammen mit seiner Frau Brigitte die "Seestub'n" in Percha geführt, nun will er Ende März aufhören.

Für seine Stammkunden, von denen viele sogar aus München regelmäßig bei Völkl vorbeischauen, dürfte diese Nachricht ein Schock sein. Wer sich einmal in dem hellen, freundlichen Restaurant-Kiosk am Badestrand von Percha niedergelassen hat, kam meist gern wieder: wegen der freundlichen Worte, die die Wirtin für ihre Gäste parat hatte, wegen des Kaiserschmarrns oder auch wegen der Fischsuppe, die ebenfalls zu den Spezialitäten Völkls gehört. Das war übrigens nicht nur in den Seestub'n so, sondern auch damals, in den Achtziger-, Neunzigerjahren, als der gebürtige Starnberger für Dallmayr und Käfer in München kochte. "Damals kamen die Gäste immer und sagten: Ist Herr Völkl da? Gibt's heute seine Fischsuppe? Wenn das verneint wurde, sind sie wieder gegangen", erzählt er, und das klingt nicht eingebildet. Völkl ist einer der Menschen, die zwar wissen, was sie können und was nicht, die aber kein großes Bohei darum machen. "Wissen Sie", sagt er stattdessen lieber, "ich habe einfach immer gern gearbeitet."

Selbstständig gemacht hat er sich zum ersten Mal mit der Gaststätte in der Tennisanlage in Starnberg. Sieben Jahre lang hat er sie geführt. Der damalige Landrat Rudolf Widmann sei öfter bei ihm zu Gast gewesen, erzählt er. Irgendwann habe der ihn dann gefragt, ob er nicht die dem Landkreis gehörende "Seestub'n" übernehmen wolle. Nachdem er bis dahin ohnehin "immer alle sieben Jahre etwas Neues angefangen" habe, sagte er zu. Auch die "Seestub'n" nebst Kiosk und Wirtsgarten wollte er nur ein paar Jahre lang betreiben. 23 Jahre sind es schließlich geworden, bis sich der Landkreis wieder auf die Suche nach neuen Wirten begeben muss.

Viel hat Völkl in dieser Zeit erlebt: "Wir waren nicht nur Wirte, sondern Ansprechpartner für alles hier." Erste Hilfe mussten er und seine Frau gelegentlich leisten oder auch schon mal auf ein kleines Mädchen aufpassen, das von seinen Eltern am Badeplatz vergessen worden war. Und dann war da auch noch die Sache mit dem ungewöhnlichen Duft auf der Damentoilette. Jeder seiner Gäste habe sich darüber gewundert. Dabei war wieder einmal die damalige Prinzessin von Oman mit ihrer Entourage zu Gast - natürlich unter anderem der Fischsuppe wegen: "Für das Königshaus von Oman wurde immer ein eigenes Parfüm kreiert, und danach roch es dort." Aber auch diverse Fußballstars, Moderatoren, Schauspieler, kurz so einiges an Prominenz kehrte bei Völkl ein, was auch auf der Homepage des Lokals zu lesen ist.

Jeder Wirt kann sich bewerben

Was Gerhard Völkl nun noch bewegt, ist die Frage, wie es künftig mit den "Seestub'n" weitergeht: "Da muss halt ein Wirt mit einem guten Konzept her." Darüber entscheiden kann allerdings nicht er, sondern der Landkreis als Eigentümer der Immobilie. Dort will man keine allzu strenge Vorgaben machen, wie Sprecher Stefan Diebl auf Anfrage der SZ sagt. In der Ausschreibung, die von Dienstag an auf der Homepage des Landratsamt veröffentlicht werden soll, wird es nur um Rahmenbedingungen gehen - also dass es um ein Lokal nebst Kiosk und Terrasse geht und welche Aufgaben der künftige Pächter zudem übernehmen muss, etwa für die Sauberkeit des umliegenden Badeplatzes zu sorgen. Eines ist aber ausgeschlossen: Zur Partylocation taugt diese Objekt nicht - weil das den Regelungen eines Erholungsgeländes widersprechen würde. abec

Trotzdem redet der Mann lieber über sein Engagement bei Euro-Toques, einer Köchevereinigung, die unter anderem von Paul Bocuse und Eckart Witzigmann gegründet worden ist und die sich der "natürlichen Kochkunst" verschrieben hat. Dazu gehören die Verwendung saisonaler und frischer Produkte, der Verzicht auf Geschmacksverstärker - und die Sensibilisierung des Geschmacks bei Kindern und Jugendlichen. Völkl hat derartige Schulungen schon öfter in den hiesigen Kindergärten angeboten. Das würde er gern beibehalten - ebenso gern, wie Kaiserschmarrn und Fischsuppe weiter zu kochen. Aber nur an zwei oder drei Tagen die Woche. Pläne dafür gibt es bereits, aber nicht für den Starnberger See. "Wir leben ja im Fünfseenland", sagt er. Mehr will er noch nicht verraten. Nur, dass er diesmal nur noch als Angestellter hinter dem Herd stehen werde. Mehr Zeit habe er nicht mehr, sagt er. Da seien ja die Enkel: "Und sie will ich ganz bewusst aufwachsen sehen."

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