Nach dem Doppelmord von Krailling:Widerliche Sensationsgier

Der grausame Doppelmord von Krailling macht fassungslos. Aber die hemmungslose Bereitschaft von Mitbürgern, den mutmaßlichen Täter an den Pranger zu stellen, ist widerlich.

Peter Fahrenholz

Es gibt Verbrechen, die jahrelang im Gedächtnis haften bleiben. Das gilt zum einen für Taten, die besonders spektakulär waren oder deren Opfer beziehungsweise Täter prominent waren. Die englischen Posträuber fallen in diese Kategorie, die Entführung des Industriellen-Sohns Richard Oetker oder der Mord an dem Schauspieler Walter Sedlmayr.

Krailling gedenkt der beiden ermordeten Maedchen

Vor dem Haus der ermordeten Schwestern in Krailling zeugen Kerzen und Blumen von der Trauer der Menschen.

(Foto: dapd)

Und dann gibt es Verbrechen, die man nicht vergisst, weil sie so schrecklich sind. Oft sind in solchen Fällen Kinder die Opfer. Sie sind besonders unschuldige Opfer, auch wenn es eine Steigerung von Unschuld eigentlich nicht gibt. Der Doppelmord von Krailling ist so ein Fall. Er ist eine Tat, die einfach nur fassungslos macht - in mehrfacher Hinsicht.

Da sind die besonders grausamen Umstände der Tat. Wer kann zwei kleinen Mädchen so etwas antun - diese Frage hat sich in den vergangenen Tagen vermutlich jeder gestellt. Und da ist der mutmaßliche Täter: ein Mann aus dem engsten Verwandtenkreis.

Die Kraillinger mögen erleichtert sein, dass die Polizei so schnell Erfolg hatte und dass es niemand aus ihrer Mitte war. Für die Eltern der Opfer und deren enges Umfeld aber ist es ein doppelter Albtraum. Der mutmaßliche Mörder der beiden kleinen Mädchen ist ein Mensch, den sie gut gekannt haben. Wie sollen sie das jemals verarbeiten können?

Fassungslos macht in diesem Fall aber auch die hemmungslose Bereitschaft von biederen Mitbürgern, den mutmaßlichen Täter - und damit auch seine Familie, Frau und vier Kinder - an den Pranger zu stellen. Bereits kurz nach der Festnahme des Tatverdächtigen konnten zahlreiche Details über den Mann und seine Familie in den sozialen Netzwerken nachgelesen werden. Die Unschuldsvermutung zählte bei den Verfassern dieser Informationen offenbar nichts.

Zu Recht werden oft die Medien kritisiert, wenn sie in reißerischer Manier in die Privatsphäre eindringen. Doch diesmal wurde schon direkt nach der Festnahme der Name des Verdächtigen im Internet publiziert, samt weiterer Details über die familiären Hintergründe.

Eine Sensationsgier, die widerlich ist. Durch die Tat von Krailling wurden zwei Kinder getötet - und zwei Familien in den Abgrund gerissen.

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