Musik:Eigenwillige Erzählungen

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Jazzgitarrist Max Frankl gastiert in der Schlossberghalle

Von Reinhard Palmer, Starnberg

Der in Starnberg geborene Jazzgitarrist Max Frankl hält offenbar nichts von Coolness und aktuellen Strömungen. Er macht konsequent seine eigene Musik, die er deutsch betitelt, und legt nicht sonderlich viel Wert darauf, mit seiner Moderation zu beeindrucken. Das wirkt manchmal irgendwie linkisch, bisweilen etwas kindlich, doch genau diese Natürlichkeit gepaart mit einem erfrischenden Humor ist auch Frankls Stärke. Eine Show abzuziehen, ist nicht sein Ding. Auch in der Musik sucht Frankl nichts Spektakuläres. Er ist ein Lyriker im avantgardistischen Jazzbetrieb. Und genau darum ging es im Rahmen der Konzertreihe All that Jazz in der Starnberger Schlossberghalle: um beseeltes Musizieren, um sinnierende Weiten, um sinnenfreudige Klänge, vor allem um großzügige erzählerische Dramaturgien mit viel Raum.

Die aktuelle Tournee war aber offenbar auch vom Wunsch Frankls motiviert, mit den beiden Schweizer Jazzmusikern Reto Suhner (Altsaxofon, Altklarinette) und Lionel Friedli (Schlagzeug) zu konzertieren. Zwei überaus inspirierte Instrumentalisten, die ein ausgeprägtes Gefühl für fesselnd ungewöhnliche Klangausprägungen und bisweilen auch unkonventionelle Spielweisen offenbarten. Und da sich Frankl nicht in den Vordergrund stellte, gab die Gleichwertigkeit der Instrumente im Ensemble dem Abend eine ausgesprochen kammermusikalische Note. Die Dramaturgie der einzelnen Titel wie des gesamten Konzertverlaufs ist bei Frankl stets sorgfältig geplant und legt großen Wert auf den weit gedehnten Spannungsbogen, für den sich die Musiker auch viel Zeit nahmen. Das galt ebenso für jedes Solo, das sich erst allmählich konkretisierte und schließlich jeweils zum virtuosen Höhepunkt fand. Frankl selbst nutzte dabei für die Fülle der Klangsubstanz und für ostinate Begleitfiguren elektronische Loops, über der er seine Soli aufbaute. Auch dieses Vorgehen verlangsamte den Ablauf der Stücke und bekam dadurch eine gewisse stilbildende Bedeutung. Zu dieser Stilistik gehören weitere ungewöhnliche Elemente dazu. So etwa die für gewöhnlich eher gemiedene Einförmigkeit, bisweilen unter Verzicht auf Rhythmisierung. Frankl liebt es, über weite Strecken kaum differenzierte, scheinbar langweilige Figurationen in die Länge zu ziehen. Oder auch über weite Strecken atmosphärisch hallende Soundscapes psychodelisch auszubreiten. Und gerade diese Beharrlichkeit, machte diese Elemente wiederum in ihrer elegischen Qualität interessant, zumal sie über die Schmerzgrenze hinaus geführt wurden.

Die zeitliche Ausdehnung hatte aber auch eine inhaltliche Dimension, tragen doch die Kompositionen Frankls nicht ohne Grund konkrete Titel. Etwa "Der Bär kommt heim" (von einem Buch inspiriert), "Eiszeit", "Sturmvogel" oder "Mantra" verweisen dabei einerseits auf bestimmte Grundstimmungen, aber meist auch auf die poetisch-literarischen Vorlieben des vielfach prämierten Gitarristen. Seine Stücke sind letztendlich Erzählungen, die weniger an großen Ereignissen interessiert sind, als vielmehr mit akribisch beobachteten Besonderheiten Anlass für ungewöhnliche Färbungen geben.

Gongs und Becken, die klanglich eher der balinesischen Gamelanmusik zuzuordnen sind, brachten bisweilen eine exotische Note ins Spiel und bekrönte die Ungewöhnlichkeit des Trios, das vom Publikum mit begeistertem Applaus bedacht wurde.

© SZ vom 23.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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