Musical:Einmal im Leben richtig unvernünftig sein

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Das Bochumer Theater Liberi erweckt am Freitag mit "Peter Pan" Sehnsüchte im Publikum

Von Ellen Krugg, Starnberg

Eine Reise ins Nimmerland, dorthin, wo Träume geboren werden, hat das Bochumer Theater Liberi vergangenen Freitag in der Schlossberghalle unternommen: Peter Pan nimmt Klein und Groß mit an einen Ort, an dem jeder noch einmal Kind sein kann. Auf Grundlage von James Matthew Barries beliebtem Klassiker erschuf Liberi-Autor und Regisseur Helge Fedder eine kinderfreundliche Bühnenversion: "Peter Pan-Das Musical" begeisterte nun schon das vierte Jahr in Folge die kleinen, aber auch die großen Zuschauer.

Der tollkühne, ewig-junge Peter Pan erscheint eines Nachts am Fenster der Familie Darling und nimmt Wendy (Rebecca Hofbauer) mit ins Nimmerland - seine Heimat. Hier lebt Peter mit seiner Fee Tinker Bell, den Verlorenen Jungs, Indianerin Tiger Lilly, sowie dem bösartigen, etwas einfältigen Piraten Käpt'n Hook und seiner Mannschaft. Wendy soll nun der Mutterersatz für die Buben werden. Sie nimmt die Herausforderung an und will ihnen das geben, was sie selbst sehr schätzt: Ein Zuhause mit einer liebenden Mutter. Den Kontrast dazu bildet Hook: Als stereotyper Erwachsener ist er skrupellos, einsam, von Melancholie und Neid getrieben: Er ist sauer, weil er durch Peter seine linke Hand verloren hat und sich nie dafür rächen konnte. Zudem beneidet er den Buben um seine Beliebtheit und Sorglosigkeit. Zusammen mit Starkey und Smee erfüllt er die gruselige und gleichzeitig urkomische Rolle des liebenswerten Bösewichtes. Gemeinsam erleben Wendy und die Jungs viele Abenteuer, bis Wendy sich schließlich fragt, ob sie wirklich für immer Kind bleiben wolle.

In der knapp zweistündigen Aufführung überzeugt das Ensemble mit Gesang, Tanz und einem raffinierten Bühnenbild, welches aus wenigen Elementen besteht und zum Szenenwechsel von den Schauspielern selbst rasch umgebaut werden kann. Die Lieder sind leicht einprägsam, was die Kinder schnell zum Mitsingen anregt, die dazu entwickelten Tänze sind ebenso unkompliziert und witzig, was das überwiegend junge Publikum zum Lachen bringt. Peter Pan als Held der Geschichte ist für die gute Stimmung im Saal verantwortlich; Tinker Bell, die sich zunächst weigert, ihren Freund mit Wendy zu teilen, verbreitet Heiterkeit, was mitunter an Ann-Christin Papes entzückender Verkörperung der eitlen Fee liegt. Hook dagegen steht für Angst und Schrecken: Mit rauchiger Stimme jagt Marlon Hangmann die Kinder auf den Schoß der Eltern.

Den Kindern bereiten Peter Pan und seine Freunde so viel Spaß, dass kleinere Ungenauigkeiten in der Erzählung leicht zu verzeihen sind. So bleibt beispielsweise unklar, wie Wendy und Tinker Bell plötzlich Freunde werden, obwohl die Elfe das fremde Mädchen zunächst ablehnte. Wo es anfangs schwer fällt, die Distanz zwischen Bühne und Publikum zu überwinden, ist das Eis spätestens dann gebrochen, als Peter die Kinder im Saal fragt, ob sie an Feen glauben: "Ja!", schreien sie. Und während Hook in Peters Haus schleicht, um den schlafenden Jungen zu vergiften, versuchen einige ängstliche Zuschauer die Hauptfigur zu warnen. Die Interaktionen waren durchaus rührend, hätten aber bereits früher eingesetzt werden können.

Dennoch ist die Aufführung wie in den vergangenen Jahren ein großer Erfolg, und auch thematisch werden viele für Kinder wichtige Aspekte berührt. Durch Sasha Bornemann als Peter Pan wird Jugend, Spaß und kindlicher Leichtsinn vertreten. Der junge Schauspieler freut sich besonders darüber, in seiner Rolle die Sehnsucht des Publikums zu wecken, selbst einmal unvernünftig zu sein, Sorgen hinter sich zu lassen und aus dem Fenster in ein Abenteuer zu fliegen. Aber auch der Stellenwert der Familie kommt nicht zu kurz, denn am Ende des Musicals kehrt Wendy zurück nach Hause, weil sie dort Sicherheit und Geborgenheit erfährt.

Das Theater Liberi entführt sein Publikum alljährlich in diverse Märchenwelten. Pinocchio, Aschenputtel, die Schöne und das Biest: Das Kindertheater weiß, wofür die jungen Herzen schlagen. Zwei junge Fans kannten das diesjährige Stück bisher nur aus dem Zeichentrickfilm von Walt Disney, doch nun gefällt Hannah und Max Bauer das Musical wesentlich besser - so gut, dass sie die Schlossberghalle nicht mehr verlassen wollen und gleich fragen, wann das Stück erneut in ihre Nähe kommt. Zum Ende der Aufführung springen die Schauspieler unter tosendem Applaus von der Bühne, laufen durch den Saal ins Foyer und signieren den jungen Fans geduldig CDs und Eintrittskarten.

© SZ vom 08.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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