Münsing:"Sehr persönlich"

Cäcilia Kohn ist ausgebildete Mezzosopranistin und betreibt das Café "Freiraum". Einmal im Monat organisiert sie handverlesene Kulturabende - ein Konzept, das ankommt

Interview von Stephanie Schwaderer

Das Münsinger Café "Freiraum" hat so viele Facetten wie seine Betreiberin: Da gibt es den alten Flügel und die Ecke mit druckfrischen Diogenes-Büchern, Lampenschirme aus Kuchenformen und originelle Geschenkartikel. Cäcilia Kohn wiederum ist nicht nur Restaurantfachfrau und Unternehmerin; die 27-Jährige hat am Mozarteum Gesang studiert und startet nun in ihr viertes Jahr als Kulturveranstalterin.

SZ: Wenn Sie die Wahl hätten, wo würden Sie am liebsten hinterm Tresen stehen - Paris, München oder Münsing?

Cäcilia Kohn: Eine ganz gemeine Frage! Ich liebe die Abwechslung. Mich reizt es, in anderen Ländern zu leben und zu arbeiten, ich war längere Zeit in Südafrika und Marokko, mit einem Café in Frankreich habe ich auch schon geliebäugelt. Aber am Ende bin ich doch in Münsing zu Hause, hier sind meine Wurzeln. Und: Ich mag Münsing.

Sie bieten ein- bis zweimal im Monat Kulturveranstaltungen an, die in der Regel gut besucht sind, obwohl oft unbekannte Künstler auftreten. Wie funktioniert das?

Münsing: Bemüht sich darum, in ihrem Café ein möglichst abwechslungsreiches Programm zu bieten: die "Freiraum"-Chefin und ausgebildete Sängerin Cäcilia Kohn.

Bemüht sich darum, in ihrem Café ein möglichst abwechslungsreiches Programm zu bieten: die "Freiraum"-Chefin und ausgebildete Sängerin Cäcilia Kohn.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Wir haben viele Stammgäste, die in der Nähe wohnen und es genießen, ein abwechslungsreiches Programm geboten zu bekommen. Das hat mit Vertrauen zu tun: Die Leute wissen, dass sie einen schönen Abend erleben werden und sind deshalb bereit, sich auf Neues und Unbekanntes einzulassen.

Was zeichnet einen solchen schönen Abend aus?

Es ist gemütlich hier und sehr persönlich. Wenn wir voll bestuhlen, passen etwa 60 Leute herein. Haben wir nur wenige Reservierungen, setzen wir alle Gäste an eine große Tafel in die Mitte. So oder so gibt es also immer einen Austausch unter den Besuchern, aber auch mit den Künstlern auf der Bühne. Man schaut sich ja praktisch in die Augen, da ist sofort ein Kontakt da. Und die Abende sind auch nicht dann zu Ende, wenn das Programm vorbei ist. Fast immer setzen sich die Künstler nach der Vorstellung noch an einen Tisch, essen eine Suppe und kommen mit den Gästen ins Gespräch.

Wer stellt das Programm zusammen?

Mittlerweile ist es so, dass wir von vielen Künstlern angeschrieben werden, die sich bei uns für einen Auftritt bewerben - mit Anhängen und Youtube-Links. Mein Vater, Christian Kohn, ist mir bei der Auswahl die größte Hilfe. Er kennt sich sehr gut aus und achtet auch darauf, dass am Ende die Mischung stimmt. Im Prinzip sind wir offen für alles, deshalb ist unser Programm sehr abwechslungsreich und immer wieder überraschend. Viele Künstler suchen händeringend nach Auftrittsmöglichkeiten. Das Programm für 2018 steht jetzt schon wieder zur Hälfte.

Das Programm 2017

Der für diesen Donnerstag geplante Abend "Gedankenflügel" mit Wulf Schmid Noerr, wurde am Mittwoch kurzfristig wegen Krankheit abgesagt. Und so geht es im Programm weiter: "Wir müssen reden! Sex, Geld und Erleuchtung Teil II", Kabarett mit Barbara Weinzierl, Donnerstag, 23. Februar; "Verehrter Herr, jetzt wird's zu monoton!", Mascha Kaléko-Programm mit Elisabeth Rass und Peter Pöppel (Klavier), Dienstag, 14. März; "Poccis Larifari Jahrmarkt" - literarisches Kaleidoskop mit Jürgen Wegscheider und Markus Maria Winkler, Freitag, 24. März; Gitarrenkonzert mit Markus Schlesinger, Donnerstag, 6. April; "Der Vogel, scheint mir, hat Humor" - szenische Lesung mit Jürgen Wegscheider und Markus Maria Winkler, Donnerstag, 4. Mai; CD-Präsentation "SainMus" - Clemens Sainitzer (Cello) und Philipp Erasmus (Gitarre), Freitag 26. Mai; "Blasen vom Tuten" - Verena Richter (Saxofon), Maruan Sakas (Klavier) und Stefan Noelle (Schlagzeug), Donnerstag, 1. Juni; Fado Sul - Amália, mit Daniela Bauer, Luis Maria Hölzl und Henrique Rebouças, Donnerstag, 22. Juni; "Lulu und die anderen - Frank Wedekinds Frauen und die Bohème", szenisch-musikalische Lesung mit Cornelia Bernoulli und Bruno Hetzendorfer, Donnerstag, 13. Juli; "Hermann Hesse tanzt aus der Reihe" - Erzählungen, Gedichte und Musik mit Klaus Brückner und Sunyata Kobayashi, Donnerstag, 19. Oktober; "Gott bewahre" - Thomas Darchinger liest John Niven, begleitet von Luis Maria Hölzl (E-Gitarre), Donnerstag, 9. November; "Amusing", A-Capella-Gesang, Freitag, 15. Dezember; alle Veranstaltungen beginnen um 19.30 Uhr, www.freiraum-muensing.de SZ

Reich werden dabei vermutlich weder Sie noch die Künstler.

Das stimmt, ums Geld geht es dabei nicht. Ich lebe hier meinen Traum. Das funktioniert nur deshalb, weil ich zum einen viel alleine mache und zum anderen eine großartige Familie im Rücken habe, die mich unterstützt. Mit allem zusammen - Café und Mittagstisch, Veranstaltungen, Buch- und Geschenkeverkauf - komme ich finanziell gerade so hin. Es ist eine Frage der Ansprüche: Wenn ich einen schicken BMW fahren wollte, müsste ich mir einen anderen Job suchen.

Worin besteht für Sie der Profit?

Als Kind wollte ich unbedingt auf die Bühne. Mein Opa war Kammersänger, mein Onkel ist Opernsänger, das wollte ich auch werden. Während meines Studiums am Mozarteum in Salzburg habe ich dann aber gemerkt, dass ich am falschen Fleck war. Der Opernbetrieb ist ein knallhartes Pflaster. Zudem muss man als Opernsängerin nicht nur singen können, sondern auch eine gute Schauspielerin sein, und das bin ich nicht. Ich bin ziemlich durchsichtig. Hier im "Freiraum" habe ich das Glück, anderen zu ermöglichen, ihre eigenen Sachen in einem kleinen Rahmen auszuprobieren. Das ist vielleicht auch das, was ich selbst gern machen würde.

Sind Künstler die interessanteren Menschen?

Künstler sind Menschen, und da gibt es immer solche und solche. Was ich aus eigener Erfahrung sagen kann: Musiker sind mit die anstrengendsten Menschen auf dieser Welt, sehr emotional. Grundsätzlich sehe ich es aber eher andersherum: In jedem Menschen steckt ein Künstler, und sei es ein Überlebenskünstler, den muss man bisweilen nur entdecken. Ich finde alle meine Gäste interessant!

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