Münsing:Dem Verfall entrissen

Münsing: Vier Jahre lang aufwendig renoviert: das einstmals völlig heruntergekommene Schloss Ammerland.

Vier Jahre lang aufwendig renoviert: das einstmals völlig heruntergekommene Schloss Ammerland.

(Foto: Döttinger)

Herr des Schlosses Ammerland mit Denkmalpreis ausgezeichnet

Von Christa Gebhardt, Münsing

Der Gabriel von Max-Denkmalpreis wird vom Ostufer-Schutzverband Starnberger See an Besitzer jener historischen Villen, Bauernhäuser und Gärten am Seeufer vergeben, die sich in besonderem Maß für den Erhalt ihrer Liegenschaften einsetzen. Zum einen, weil sie den Spaziergängern Freude machen und eine typische Identität stiften, die ein Heimatgefühl prägt. Zum anderen, weil ihr Vorbild auch jenen eine Mahnung sein soll, die kulturell Wertvolles absichtlich verfallen lassen. Am Ostufer ist kein Geheimnis, wer gemeint ist: die derzeitige Besitzerin der Max-Villa in Ammerland, die das Haus seit vielen Jahren dem Verfall überlässt.

Mit dem Denkmal-Preis 2016 ist nun Werner Döttinger ausgezeichnet worden. Er ist der dritte Preisträger nach den Eigentümern des Gorythoma-Hof in Weipertshausen, Josef und Katharina Strobl, und dem Ammerlander Schreinermeister Josef Wagner. Döttinger hatte Schloss Ammerland 1988 erworben und höchst aufwenig renoviert. 1681 als Sommersitz erbaut vom Wittelsbacher Fürstbischof Albrecht von Freising, fand Ludwig I. im Jahr 1841 Gefallen daran und gab es als Lehen an die Familie Pocci, zunächst an Fabricius Graf von Pocci, seinen Zeremonienmeister. 1844 ging das Schloss auf dessen Sohn Franz über, der als Schöpfer des Kasperls Larifari berühmt wurde. Die Familie konnte das Schloss jedoch nicht erhalten und verkaufte es 1956. Seither wechselte das Schloss mehrmals die Besitzer. Als Döttinger es erwarb, hatte es 20 Jahre leergestanden, war durch Einbrüche und Plünderungen geschädigt und total verwahrlost. "Nichts war mehr vorhanden", sagt Döttinger, "weder Wasser noch Heizung oder gar historische Bausubstanz. Selbst die Kachelöfen waren herausgebrochen". Die Renovierungs- und Bauarbeiten am Schloss zogen sich über von 1988 bis 1992 hin.

Die europaweite Suche nach stilgerechten Baumaterialien - leichtem Tuffstein etwa, der im Außenbau und im Garten für den Brunnen benötigt wurde - sei mit großem Aufwand verbunden gewesen. Die Wiederherstellung des Schlosses erforderte die sorgfältige Auswahl von ästhetisch schönen wie historisch stimmigen und antiken Materialien; traditionellen Handwerkskünstlern übernahmen die Renovierung. So wurden zum Beispiel die Wände, die, wie Döttinger berichtet, "glücklicherweise einigermaßen stabil waren und keine Risse aufwiesen" von Kirchenrestauratoren mit körnigen Kalkfarben handverputzt. Vorbild dafür waren barocke Kirchen und Schloss Nymphenburg. Die Böden mussten neu und stilgerecht als Kassettenparkett verlegt werden, das Material stammte zum großen Teil aus Frankreich.

Geschreinerte Türen und Sprossenfenster wurden modernen Wärmedämmungsansprüchen angeglichen. Fast alle Holzbalken im Haus waren durchgefault und mussten den Anforderungen des Denkmalschutzes entsprechend mit Stahlträgern abgesichert werden. Döttinger hatte mit der Bauleitung Waldemar Semerad beauftragt. Für die Werkplanung und Durchführung war der Münsinger Architekt Till Boodevaar verantwortlich. Stephan Wildgruber kümmerte sich um die Gartenanlagen und beriet Döttinger bei der Farbgebung in der Gestaltung.

Die Kosten der Renovierung trug Werner Döttinger nach eigenen Angaben komplett selbst. Eine genaue Summe nennt er nicht, er habe das "verdrängt", sagt er, aber "ein Neubau wäre sehr viel kostengünstiger gewesen". Döttinger ist Aufsichtsrat und Gründer der Solutio AG in Grünwald. Er lebt zurückgezogen mit Familie und Sohn in seinem Schloss, in das er sich, wie er sagt, jeden Tag mehr verliebe. Kreisheimatpflegerin Maria Mannes zeigte bei der Verleihung des Preises in eindrucksvollen Bildern die traurige Geschichte des Verfalls, die Fakten eines lange währenden Gerangels zwischen einer Treuhand-Gesellschaft und der Gemeinde, den Leerstand mit Plünderungen und Einbrüchen und die auch immer wieder diskutierten Renovierungspläne durch Investoren, die dann doch nicht solvent genug waren.

Die Jury des Ostufer Schutzverbands hatte Döttinger übereinstimmend als dritten Träger des Denkmalpreises ernannt. Ursula Scriba überreichte dem Schlossherrn die Skulptur mit dem hockenden Affen und dankte ihm für seine Initiative. Er hätte sich, statt für die enormen Kosten der Renovierung aufzukommen, ja auch sechs Lamborghinis kaufen können, sagte sie.

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