Mitten in Starnberg:Weber-Guskar als Reim-Star

Eine Haushaltsrede ist langweilig, nicht aber wenn sie als Gedicht vorgetragen wird. Warum nicht öfter so?

Von Wolfgang Prochaska

Wenn es um den Kreishaushalt geht, neigen viele Redner zu blumigen Metaphern oder zur düsteren Untergangsphilosophie. An diesem Montagmorgen, als der Haushalt vom Starnberger Kreistag verabschiedet werden sollte, war jedoch alles anders. Mag sein, dass das Zahlenwerk nicht alle Kreisräte überzeugte und angesichts der vielen Projekte in Millionen-Euro-Höhe die Stimmung dämpfte. Gut, dass es die FDP gibt, muss deshalb an dieser Stelle betont werden. Ohne die Liberalen und insbesondere ohne den Tutzinger FDP-Kreisrat Wolfgang Weber-Guskar wäre es gar zu ernst geworden, obwohl doch Weihnachten vor der Tür steht. Weber-Guskar hielt die ungewöhnlichste Haushaltsrede, die je der Starnberger Kreistag erlebt hat. Es war eine Rede in Reimen, ein Langgedicht, fast so kühn wie The Waste Land von T. S. Eliot oder von Gabriele D'Annunzio.

Schon der Anfang setzt ein deutliches Zeichen, ein Fanal:

Man trifft sich hier zur Diskussion,/doch die Entscheidung gibt's ja schon./Die Würfel sind doch längst gefallen,/Proteste heute, sie verhallen/Wie Rufe in dem Weihnachtswald,/der frisch verschneit ist und so kalt. Danach mäandert das Gedicht, um schließlich zu einer deutlichen Aussage zu kommen: Die Politik so mein ich wär/verträglich, umsichtig und fair./Vier acht Punkt drei sind doch postfaktisch/nur aus dem Bauch und auch noch taktisch./ Vier neun Punkt drei, so wollen's wir,/wir brauchen's doch, 's ist keine Gier. /Der Schuldenberg wächst sonst zu schnell/von 12 Millionen aktuell/Auf 45 hoch gebeamt,/das, uns'rer Meinung, sich nicht ziemt.

Zehn Seiten lang ist der Text, eine Fleißarbeit, die wieder einmal zeigt, wie musisch veranlagt doch tief in ihrem Innern die Liberalen sind, was man nicht immer erkennt, wenn es um Einsparungen geht. Landrat Karl Roth - nicht nur er - zeigte sich von der Reimleistung tief beeindruckt: "Sie haben sich vermutlich mehr Gedanken gemacht als der Landrat", lautete sein Lob an Wolfgang Weber-Guskar. Seine Leistung ist sicherlich schwer zu toppen - es sei denn, der Tutzinger reimt im nächsten Jahr genauso professionell, aber dann noch in Bairisch. Was wäre das für ein Spaß!

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