Mitten in Starnberg:Trainieren für den Sitzungsmarathon

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Die Stadträte rüsten sich auf ungewöhnliche Weise für lange Sitzungen. Sie haben eine überparteiliche Laufgruppe gegründet

Von Gerhard Summer

Weil Starnbergs Probleme größer, überraschender und komplizierter sind, als sich das sogar Einheimische vorstellen können, muss der Stadtrat oft sehr lange hocken. Manchmal dauert der Spaß bis halb zwölf Uhr. Manchmal auch länger. Zuletzt war es halb zwei, als die Teilnehmer einer besonders ausgiebigen Versammlung mit aschgrauen Gesichtern hinaus in die Nacht schlichen. Seitdem ist klar: So kann's nicht mehr weiter gehen.

Zum Glück haben jetzt Martina Neubauer (Grüne), Angelika Wahmke (Bürgerliste) und Stefan Frey (CSU) eine tolle Lösung gefunden: die Laufgruppe für Stadträte. Trainiert wird auf "exterritorialem Gebiet", teilen die Drei mit, vermutlich deshalb, weil die vielen Tempo-30-Zonen in Starnberg die freie Entfaltung der Sprintfähigkeiten bremsen würden. Am 30. April geht's los mit einer abendlichen Runde um den Maisinger See, die in den Sommermonaten um 17 Uhr beginnt und so gegen 24 Uhr endet. Nein, stopp, so lange dauert das nicht, es sind ja nur sechs Kilometer. Stirnlampen wären für Fußlahme trotzdem eine gute Idee, genauso wie Schwimmwesten. Wer tags darauf noch gehen kann, darf sich mit wunden Sohlen und dem verdammt guten Gefühl, etwas gegen den Starnberger Sitzungswahnsinn getan zu haben, in den Stadtrat begeben.

Ja, die unermüdliche Bürgermeisterin Eva John wird staunen. Da kann sie noch so viele Tagesordnungspunkte zusammenklauben - die Läufer unter den Stadträten werden nach ein paar Maisinger Trainingsrunden Anträge noch locker aus dem Ärmel schütteln, wenn der Rest der Mischpoke schon am Tisch zusammengesunken ist. Wird John also zurückschlagen und eine Schneidersitz- oder Qigong-Gruppe gründen? Vielleicht. Wahrscheinlicher ist, dass die Stadträte bald so viel Spaß am Laufen haben, dass sie an Marathons teilnehmen und keine Zeit mehr haben für siebenstündiges Blabla. Dann müsste Eva John alles mehr oder minder allein erledigen. Und vielleicht wäre ihr das ganz recht.

© SZ vom 20.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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