Mitten in  Starnberg:Früher Gegner, heute Freunde

Die Zeiten guter alter Feindbilder sind vorbei. Was einerseits schade ist, andererseits aber neue Möglichkeiten in sich birgt

Von Gerhard Summer

Was waren das für herrliche Zeiten, als die guten alten Feindbilder noch Bestand hatten! Die Welt war klar eingeteilt in Tiefschwarz und leuchtend Weiß, und wer noch nicht die 30 überschritten und für ein Fünferl Verstand hatte, der fand unbedingt, dass die Strauß-, Streibl- und Stoiber-CSU des Teufels ist. Der Rest war nicht so wichtig, denn der junge Wähler definierte sich eher dadurch, dass er gegen eine alles beherrschende Partei war als für irgendeine Alternative. Aber gut, die SPD ging als mühsam erträglich durch. Die Grünen waren eher OK, und die FDP, ja die FDP war halt so ein Kürzel, das immerhin noch auf den Wahlzetteln stand.

Inzwischen ist alles viel komplizierter geworden, was schade ist, weil Vorurteile so wenig Platz im Hirn wegnehmen. Die Grenzen verfließen. Und das hat vielleicht auch damit zu tun, dass die Parteiräson nicht mehr das ist, was sie mal war. Oder dass sich einstige Rivalen miteinander verbünden, wenn es ums große Ganze geht. Wie anders ist es zu erklären, dass die Starnberger CSU jetzt schon Anträge stellt, die genau genommen von der SPD stammen, und dabei Schützenhilfe von den Grünen bekommt? Oder CSU-Landrat Karl Roth, wenn es um Flüchtlinge geht, seine Sache so gut macht, dass er als Ehrenmitglied der Grünen oder Linken durchginge? Tolle Sache, klar. Trotzdem muss man das erst einmal in den Kopf reinkriegen, weil Vorurteile mächtig sind.

Die Sprecherin der Kreis-Grünen, Kerstin Täubner-Benicke, ist es am Mittwochmorgen womöglich auch nicht leicht gefallen, sich von einem lieb gewonnenen Feindbild zu verabschieden. Ja, das hätte sie sich früher nicht träumen lassen, dass sie einmal Angela Merkel einen Liebesdienst erweisen würde, aber es musste sein, schreibt sie auf Facebook. Und so tat sie, was zu tun war, und fegte ein fieses "Merkelmussweg"-Transparent zur Seite, das an der Kreuzung Söckinger Straße in Starnberg am Geländer hing. Bravo! Demnächst wird Roth bei den Linken eintreten und Arm in Arm mit CDU-Mitglied Täubner-Benicke "Wählt Angela"-Plakate über die Stadt verteilen. Die Leiter hält Tim Weidner von der neuen Gruppierung BLS (Bitte lieb sein). Und wer rührt den Leim an? Der gute alte Edmund Stoiber aus Wolfratshausen.

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