Mitten in Starnberg:Die wahren Post-Wunder

Eine leere Schalterhalle - und das vor Weihnachten. Was ist da los?

Von otto Fritscher

Auch in Starnberg hält das Leben immer wieder Überraschungen bereit. Da klingelt das Telefon, man greift zum Hörer, und eine Stimme sagt: "Sie sind doch der Herr Soundso." Nun, wohl wieder einer dieser Werbeanrufe, ein gelangweiltes "Ja" als Antwort ist fast schon zu viel. Da sagt der Anrufer: "Ich bin der Herr Soundso vom Postamt in Starnberg, und für Sie ist ein Paket da, der Paketbote hat vergessen, bei Ihnen eine Benachrichtigungskarte in den Briefkasten zu stecken." Ein neuer Trick, um irgendwas zu verkaufen, ist der erste Gedanke, doch der Herr klingt seriös, und das Postamt ist ja gleich um die Ecke. Also einfach mal nachschauen. Tatsächlich, das Packerl ist da. Vielen Dank für den überraschenden Service!

Doch dieser Tage ist die Post noch für eine zweite Überraschung gut. Eigentlich müssten sich in den Wochen vor Weihnachten lange Schlangen, belanden mit Stapeln von Paketen und Briefen, durch die Schalterhalle winden, bis hinaus ins Foyer und weiter auf die Rheinlandstraße. Alles schon mal dagewesen. Doch was ist das? Kein Mensch, der sich die Beine in den Bauch steht, hinter den Schaltern drei entspannte Postler, die sich über die Unbilden eines Computerprogramms austauschen. Da will man eigentlich gar nicht stören. Aber diesmal hat man in der Tat eine Benachrichtigungskarte in der Hand. So schnell wie diesmal war man noch nie mit einem Päckchen wieder draußen.

Kaum vorzustellen, wenn das Beispiel Schule macht, also keiner mehr Briefe verschickt, sondern nur noch Whatsapp und E-Mail verwendet, und alle Geschenke bei Zalando oder Amazon bestellt, statt sich in den Kaufhäusern oder im örtlichen Einzelhandel umzuschauen. Und dann noch das: leere Straßen, weil es ja nicht Besonderes zu erledigen gilt. Die Vorweihnachtszeit wäre eine im Wortsinne "stille Zeit". Kaum auszudenken, so unwahrscheinlich wie der B2-Tunnel in Starnberg. Es wird wieder eine Gerenne, Gehetze und Gestöhne über die Hektik werden in den kommenden Wochen. Das Einzige, was am Ende der Weihnachtszeit mit Sicherheit leer sein dürfte, das ist der Geldbeutel.

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