Mitten in Starnberg:Der weite Weg nach Salò

Warum der Gardasee genaus weit weg ist wie der Genfer See

Von wolfgang prochaska

Es muss mit einem großen Missverständnis aufgeräumt werden. Und zwar schnell. Wer noch einmal behauptet, dass der Gardasee nur ein bisschen südlicher von Starnberg entfernt liegt, erhält die verdiente Strafe, mindestens einmal im Monat über den Brenner nach Torbole oder Riva fahren zu müssen. Das wird eine bessere Einsicht fördern und das Bewusstsein schärfen. Und zwar für immer.

Denn es ist endlich an der Zeit, mal die Wahrheit mitzuteilen: Der Gardasee ist ungefähr so weit entfernt wie der Genfersee. Das kann sich jeder ganz einfach ausrechnen. Von Starnberg nach Riva fährt man durchwegs sieben Stunden. Ganz egal zu welcher Zeit, ob Tag oder Nacht, Sommer oder Winter. Zum Genfersee braucht man ebenfalls sieben Stunden. Man zockelt zwar mit 120 Stundenkilometer durch die Schweiz, aber 120 ist ein angenehmes Tempo. Durch das österreichische Inntal hingegen geht es mit 100 - wenn es überhaupt vorangeht. Am vergangenen Wochenende meldete der Verkehrsfunk 30 Kilometer Stau am Brenner. Jeder kann sich ausrechnen, wie schnell man an seinem Ziel war. Wer noch das Pech hat, sein Quartier in Limone oder Salò suchen zu müssen, der darf noch einmal ein großes Paket gute Nerven in den Kofferraum legen, weil er diese auf der Fahrt durch enge Tunnels und trödelnde Vorderleute und mutige Motorradfahrer braucht. Das alles erspart man sich, wenn man Richtung Genfersee fährt. Bis Bregenz gibt es zwar auch ein paar Tunnels, aber man befindet sich auf einer Autobahn, die selbst Wohnmobilfahrer nicht überfordert. Zur Abkühlung wartet der Bodensee. Dann hurtig in Richtung Zürich und Bern auf die Schweizer Autobahn. Ehe man es bemerkt hat, ist der Röschti-Graben schon übersprungen, und es wird sehr einsam auf der Autobahn. Gott sei Dank nicht lange, denn Lausanne und Genf sind in der Nähe. Die Romandie, die französische Schweiz, macht sich mit temperamentvollen Autofahrern bemerkbar, es sind nun sieben Stunden vergangen, auf der französischen Seite in Evian, dort wo das Wasser herkommt, wartet schon das ausgiebige Menü bei Monsieur Pierre - und es gibt garantiert keinem Menschen, den man aus Starnberg kennt. Ehrlich.

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