Mitten in Gauting:Schweigend an der Würm

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Manchmal ist reden Silber: Es ist schon erstaunlich, was für Fortbildungsangebote es gibt

Von Michael Berzl

Gerade in den Ammergauer Alpen kann es dem Wanderer passieren, dass ihm von oben her, vom Gipfel, der Ruf entgegenplärrt: "I bä obä", zu deutsch: Ich bin oben. Diese Mitteilung ist in erster Linie für die Begleiter des Schreiers gedacht, die sich noch hundert Höhenmeter weiter unten befinden und ihrem Ziel noch entgegenschnaufen. Nun wissen aber auch alle anderen oberhalb der Baumgrenze, dass ihr Lautester schon obä ist.

Nicht nur der Schwabe teilt sich aber gerne vernehmlich mit. Ein bekanntes Phänomen ist auch das des Smartphonebesitzers, der aus München mit der S-Bahn nach Hause fährt und sinnlos laut in sein Handy hineinteufelt, dass er jetzt in der S-Bahn sei und gleich nach Hause komme. Das war bis dahin für die Umstehenden schon nicht zu übersehen, jetzt ist das ganze Abteil hinreichend genau darüber informiert, dass dieser Mensch sich in der S-Bahn befindet und was sein Ziel ist.

Angesichts dieses Lautsprechertums ist eine gegenteilige Tendenz umso mehr zu begrüßen, die sich gerade im Würmtal manifestiert. So wurde im Dezember mit dem gebotenen Gedöns bei der Margaretenkirche in Krailling der "Garten der Stille" eingeweiht. Wie andere Orte lädt auch dieser zum Verweilen ein. Auf einer massiven Holzbank sitzend, kann der Verweilende dann lauschen, wie sich das Glucksen der Würm in das Rauschen des Autoverkehrs auf der nahe gelegenen Gautinger Straße mischt.

Ein Stückchen würmaufwärts wird mitten im Juni eine weitere lobenswerte Initiative zu beobachten sein. Die Volkshochschule bietet dort einen Meditationstag an, der die Möglichkeit bietet, in die eigene Tiefe einzutauchen, wo Körper und Geist im Einklang sind. Das Eintauchen mit Yogaübungen ist nur das Vorspiel; am Nachmittag folgt: "Schweigendes Gehen an der Würm".

Das ist ausbaufähig, in die Richtung sollten die Volkshochschulen unbedingt weiterarbeiten. Denkbar wäre zum Beispiel ein 35-teiliger Abendkurs "Luft anhalten im Starnberger Stadtrat" mit fraktionsübergreifenden Feldenkrais-Übungen und einem Abschlusswochenende in einem Kartäuserkloster. Oder ein Crashkurs "Klappe halten im Kino". Und natürlich "Stilles Gipfelglück". Die 36 Euro Kursgebühr wären gut angelegt.

© SZ vom 08.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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