Mitten in Gauting:Savoir vivre mit Bier-Pong

Warum manche Spiele im Landkreis funktionieren - und manche nicht

Von Michael Berzl

Unterm Arm ein frisches Baguette, im Mundwinkel den nassgelutschten Stummel einer Gauloises-Zigarette, in der linken Hand ein Glas Rotwein, während die rechte ausholt, um eine silbern glänzende Boule-Kugel zu werfen. Ja, so ist er der Franzos'. Savoir-vivre, Bonjour, L'Amour, Jeanette, sehr nett. Was für ein Lebensgefühl. Auf der Boule-Bahn, die in jedem Dörfchen unter schattigen Platanen anzutreffen ist, wird es zelebriert; dort treffen sich gesellige Männerrunden, frönen ihrem Sport und lassen dabei ein wenig Zeit vergehen.

Nun ist die Boule-Bahn auch im frankophilen Fünfseenland angekommen. Hinterm Gautinger Jugendzentrum wurde so eine Spielfläche angelegt und auf der Maibaumwiese am Feldafinger Rathaus. Doch Andrang und Savoir-vivre halten sich hier wie dort in Grenzen. Zu behaupten, dass sich neue Mittelpunkte des gesellschaftlichen Lebens gebildet hätten, wäre übertrieben. Vielleicht liegt das Spiel, das in italienischer Form als Boccia im Urlaub die Langeweile am Strand mildert, hierzulande nicht ganz im Trend. Zumal bei der Jugend.

Wobei gezieltes Werfen durchaus seine Anhänger auch bei Heranwachsenden findet, zum Beispiel beim Flunky Ball. Mit der Bierflasche in der Hand, gelegentlich einer Fluppe im Mund und Jeanette im Arm. Zwei Teams, die sich in ausreichendem Abstand gegenüberstehen, versuchen dabei abwechselnd, eine Flasche in der Mitte umzuwerfen. Wer getroffen hat, darf so lange trinken, bis der Gegner die Flasche wieder aufgestellt hat. Einfache Regeln, Riesengaudi. Spuren davon wie eine abgefieselte Grasnarbe und eine verdächtige Ansammlung von in den Boden gedrückten Kronkorken sollen sich an einigen Stellen im Herrschinger Kurpark finden.

Geschick beim Werfen auf Getränke ist auch beim Bier-Pong gefragt, das aktuell im Vergleich zum Boule in der Beliebtheitsskala ebenfalls punktet. Hier geht es darum, Tischtennisbälle in gefüllten Bierbechern zu platzieren. Diverse Sonderregeln sind dabei zu beachten, aber letztendlich wird auch getrunken. Am Mittwochnachmittag haben zwei Teams extra Bier-Pong-Tische ins Steininger-Grundstück am Starnberger See geschleppt. Das gibt es tatsächlich, kostet knapp 70 Euro.

Dabei gäbe es genügend verwaiste Tischtennisplatten, die bei Spielplätzen aufgestellt wurden, die sich ohne Aufwand zur Bier-Pong-Platte umfunktionieren lassen. Und die ungenutzten Boule-Bahnen wären wie gemacht für ein flottes Flunky-Ball-Match.

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