Mitten in Gauting:Cinema Paradiso

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An einem schönen Sonntagnachmittag ins Kino zu gehen, ist zwar ungewöhnlich. Es hat aber den Vorteil, dass man den Saal für sich allein hat

Von Blanche Mamer

Gibt es feste Plätze?" fragt die Kinogängerin. "Sie können sich überall hinsetzen, wohin sie wollen", sagt der jugendliche Kartenverkäufer und grinst. "Sie haben das Kino ganz für sich allein", fügt er hinzu. "Grad wollten wir die Vorstellung canceln", sagt der Kartenkontrolleur. Einen Kinosaal ganz für sich allein? Echt, das hatte die Frau noch nie, sagt sie. Und dabei ist sie ein echter Kinofan. Aber es ist so an diesem sonnigen Sonntagmittag. In Gauting.

"Hast du keine Familie, keine Freunde?" fragt sie ein Kollege. "Bei dem schönen Wetter hättest du doch auch eine Fahrradtour machen können." Ihr habt ja alle so recht, denkt sich die Frau. Hätte, hätte, hätte. Aber anders ist auch schön. Mann und Katze, Töchter und Schwiegersöhne sind auf dem Weg nach Italien. Und plötzlich ist da Zeit, viel Zeit, ein langer, langer Sonntag. Während die Nachbarn Tische und Stühle im Garten zurechtrücken und Herden von Radfahrer sich den Weg aus dem Dorf hinaus freiklingeln, kommt ihr spontan die Idee - Kino. Und warum soll sie zuerst drei/ fünf Freundinnen anrufen? Kann sie nicht einfach allein ins Kino gehen. Sie kann! Und es ist wunderbar: ein großer dunkler Saal und 80 schöne bequeme rote Kinosessel zur Auswahl. Und diese paradiesische Ruhe. Kein Hintermann der geräuschvoll Popcorn knackt, keine Freundinnen, die die Köpfe zusammen stecken und tuscheln. Und niemand, der sich umdreht, als das Handy klingelt. Zuerst die Tochter, von unterwegs, sie steht im Stau. Dann der Mann, der mitteilt, dass er dummerweise die Wasserflasche vergessen hat. "Du störst, ich bin im Kino", klingt wie eine Ausrede. Ach ja, welcher Film? "Hidden Figures - Unerkannte Heldinnen". Eine sehr gute Wahl.

© SZ vom 11.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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