Mitten in Andechs:Besinnlicher Straßenbau

Es soll Erlinger geben, die sich nach Ruhe und Besinnung sehnen - am Wochenende wird ihnen dieser Wunsch endlich erfüllt

Von Astrid Becker

Andechs ist ein Ort der inneren Einkehr. Der Muße. Der Besinnung. Klar, werden jetzt alle schreien, Das ist bei Klöstern nun einmal so. Zumindest hinter den Klostermauern, hinter die nur Männer blicken können, die auf der Suche nach Gott und sich selbst sind. Allen anderen blieb bislang nur eines: sich wenigstens mal auf Pilgerschaft auf den Heiligen Berg zu begeben, dort zu beten und sich dann im Bräustüberl Bier und Schweinshaxn schmecken zu lassen. Schließlich halten Essen und Trinken Leib und Seele zusammen. Und darum gehts ja schließlich auch.

Allerdings sind es mittlerweile so viele Menschen geworden, die sich dort droben blicken lassen, dass die Sache mit der Ruhe und Besinnung immer schwieriger wird. Zumindest im Bräustüberl ist es nicht einfach, ein ruhiges Platzerl zu finden. Für all die Erlinger, die das mal mehr oder weniger laut beklagen, hat nun zwar nicht das Kloster, sondern das Straßenbauamt Weilheim eine Möglichkeit ersonnen, Ruhe und Frieden zu genießen. Zumindest ein ganzes Wochenende lang.

Von Freitag bis Sonntag geht in Erling, also dem Ort unterhalb des Klosters, fast gar nichts mehr. Die Durchfahrt ist wegen Straßenbauarbeiten gesperrt. So steht es auf riesigen Schildern an den Ortseingängen. Wenn das nicht wunderbare Aussichten sind. Endlich mal kein Stress mit der Blechlawine, die sich durch den Ort quält, endlich mal kein Wochenende in der Waschstraße oder im Baumarkt. Endlich kann der Erlinger nur eines tun: nichts. Zumindest nichts jenseits der heimischen Wände. Dafür kann er Unkraut jäten, Wäsche waschen und ausgiebig bügeln. Für manch einen sollen das ja recht entspannende Tätigkeiten sein. Nachdem der Kühlschrank eh' leer bleiben muss, weil der Fußweg vom Supermarkt mit gefüllten Einkaufstüten arg beschwerlich wäre, ist auch mal eine günstige Gelegenheit für die Diät gekommen, von der man seit dem Frühjahr spricht. Also dem vor fünf Jahren. Angesichts dieser auch kulinarisch trüben Aussichten sagt die Tante den angekündigten Besuch ab. Und die Kinder? Die verziehen sich übers Wochenende zu ihren Freunden nach München. Was dann bleibt, ist Ruhe und jede Menge Zeit für Besinnung. Endlich.

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