Kürzungen der Regierung:Caritas kritisiert Sparprogramm als unsozial

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"Es wird kälter in diesem Staat": Gerhard Dix vom Starnberger Caritasverband befürchtet, dass die Zahl der Kinder in Armut wächst.

Ch. Setzwein und Ch. Bracht

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hält das Sparpaket der schwarz-gelben Bundesregierung für ausgewogen. Für viele andere ist es ein sozialer Kahlschlag. Bürgermeistersprecher Rupert Monn etwa befürchtet ein Mehr an Obdachlosen.

Sparpaket der Bundesregierung: Gerade im Fünfseenland befürchtet die Caritas, dass die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinander klafft. (Foto: dpa)

Arbeitslose und Geringverdiener gehören zu den großen Verlierern des Sparprogramms. Hartz-IV-Empfängern soll das Elterngeld in Höhe von 300 Euro monatlich gestrichen werden, Wohngeldempfängern der Heizkostenzuschuss. Auch die Zuschläge für den Übergang vom Arbeitslosengeld I ins Arbeitslosengeld II sollen ersatzlos wegfallen. Gerhart Schindler, Geschäftsführer der Starnberger Arbeitsgemeinschaft für Grundsicherung (Agas), hat deshalb erhebliche Zweifel an der sozialen Ausgewogenheit des Milliarden-Sparpakets.

Unzufriedenheit der Kunden

"30 oder 40 Euro Zuschuss zu den Heizkosten sind kleine Beträge. Für Menschen, die ohnehin am Existenzminimum leben, wird die Streichung zum Problem", sagt der Leiter des Starnberger Jobcenters. Die Agas müsse zwar künftig weniger Geld auszahlen, dafür aber die Unzufriedenheit der Kunden ausbaden. Und die sei im Fünfseenland, wo den Hartz-IV-Empfängern der Wohlstand täglich vorgelebt werde, ohnehin größer. Im Sparpaket jedenfalls kann Schindler "keine klare Linie" erkennen. "Aber wir müssen es umsetzen."

Der Berger Bürgermeister Monn befürchtet, dass die Zahl der Obdachlosen durch das Sparpaket steigen könnte. Und für Obdachlose sind die Kommunen zuständig. Bekommen Arbeitslose, Alleinerziehende und Geringverdiener weniger Geld, "haben sie ein Problem", können zum Beispiel die Miete nicht mehr zahlen. "Sparen ja", sagt Monn, "aber an der richtigen Stelle." Sozialleistungen zu kappen, gehöre nicht dazu.

"Es wird kälter in diesem Staat"

"Es wird kälter in diesem Staat", fürchtet auch der Zweite Vorsitzende des Starnberger Caritasverbands Gerhard Dix. "Die Party im Casino ist vorbei. Zocker haben das Geld verpulvert." Nun habe er die Sorge, dass diejenigen dafür bezahlen müssten, die gar nicht an der Party teilgenommen haben. Die Zahl der Kinder in Armut werde größer und auch die Zahl der Rentner, die nicht genug Geld zum Leben haben, werde "exorbitant" steigen, prophezeit Dix. Ihnen dürfe man nicht das letzte Hemd wegnehmen.

Im Eckpunkteprogramm der Regierung lese er jedoch nichts davon, dass man "den Reichen ihr hundertstes Hemd" nehmen wolle. Zwar werde der Caritasverband sich künftig noch mehr auf Bedürftige konzentrieren, doch könne er schon bald nicht mehr alles zahlen. Nur bürgerschaftliches Engagement könne dann noch auffangen, was die Wohlfahrtsverbände nicht mehr leisten könnten.

© SZ vom 09.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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