Magic Lake Festival:Vergebliche Liebe zum Detail

Geschmackvolle Dekoration und Sitzgelegenheiten, handverlesene Gastronomie, hinreißende Musik im Vorprogramm und ein herrliches Ambiente. Beim Openair in Dießen fehlt nur eins: das Publikum

Von Armin Greune, Dießen

Es fängt schon mit dem Kassenhäuschen an: Da steht nicht irgendeine Bude, kein Containermodul, sondern eine Kreuzung aus einem antiken Mercedes-Kleintransporter und einem Renault R4 im Flower-Power-Blechkleid. Und so geht es weiter: Um eine grüne Wiese sind zwei große Tipis und eine Reihe hübsch arrangierter kleinerer Zelte im Halbkreis gruppiert. Davor Stühle und Tische, wie im Edelrestaurant geschmückt mit großen blauen Artischockenblüten, schicke nagelneue Holzliegestühle, geschmackssicher gestaltete "Magic Lake"-Kissen, zu stylishen Trash Cans aufgewertete Mülleimer. Und selbst die Biertische haben die Veranstalter mit netten Sprüchen wie "Freut Euch nie zu spät" individualisiert.

Charmante Hobby-Kosmetikerinnen bieten gratis "Feenstaub"-Make up für das Magic Feeling an, während von der Bühne beschwingende Instrumentalmusik erklingt. Der Blick fällt auf eine mächtige Weide in der Nachmittagssonne, dahinter Segelboote und der Ammersee. Alles ist so schön, so liebevoll bis ins kleinste Detail gestaltet, dass einem vor lauter Freude das Herz aufgehen möchte. Kann es aber nicht, denn an diesem Freitagnachmittag und an den folgenden Tagen fehlt es dem ansonsten wirklich zauberhaften Magic Lake Festival dazu an einem essenziellen Bestandteil: den Besuchern.

Maik Mondial hat die undankbare Aufgabe, vor einer Handvoll Zuhörern den Opener zu geben. Das Würzburger Quintett tut dies mit Bravour: Ihre meist selbst komponierten Instrumentals sind irgendwo zwischen Balkanpop, Speed-Polka, Psychedelic, Gypsy und Swing angesiedelt, werden also behelfsmäßig in der Weltmusik untergebracht. Meist übernehmen Patrick Peters Geige oder Mike Bräutigams Trompete die Melodieführung. In den acht Jahren ihres Bestehens hat es die Band zu beeindruckender technischer Reife und mitreißender Virtuosität gebracht.

Die kurze Umbaupause reicht nicht, um das gastronomische Angebot vollständig zu erfassen. Auch hier kommt nichts von der Stange, Auswahl und Qualität heben sich weit von hinlänglich bekannter Festival-Einheitskost ab. Im zentralen Bereich an den Tipis bietet der Riederauer Caterer "Susanthas" am mit Bambus verkleidetem Stand Streetfood aus Sri Lanka an, nebenan gibt es frisch gerösteten Kaffee und feine Nudelgerichte; beide haben noch im nur einen Steinwurf entfernten "Mercatino" im Dießener Bahnhof ihr Zuhause. Dazu gesellen sich die Starnberger Eiswerkstatt und Matos legendäre Fischsemmeln vom östlichen Ammerseeufer, aber auch eine ganze Reihe von weiter her angereisten Food-Trucks: Auch sie bieten originelle und geschmackvolle Entdeckungen von der spiralig geschnittenen Knusperkartoffel über den "Blunch" aus hauchdünnem Teig bis zu marinierten Ochsenfetzen. Und nirgendwo muss man anstehen, sondern höchstens einmal warten, bis die Gargeräte warm sind.

Inzwischen hat Hexagon die Bühne geentert: Das mittlerweile zum Oktett gewachsene Perkussionsensemble aus Türkenfeld tritt unter anderem mit drei Schlegelschwingern an zwei Vibraphonen auf und liefert außer apart arrangierten Coverversionen von "Let's Get Loud" oder "Axel F" auch noch witzige Choreografien ("Puppenspieler"). Auf den elektronisch verfremdeten Hexagon-Sound folgt zum Kontrast mit Diappo urwüchsige, authentische Musik aus dem Senegal: Fünf Stimmen, vier Trommeln, ein Tamburin sowie Tänzer, die ein weit größeres Publikum verdient hätten, als es ihnen in Dießen beschieden war. Aber das gilt wohl für alle: Künstler, Standbetreiber und Veranstalter, die sich mit der Premiere des Magic Lake Festivals so viel Mühe gemacht haben und auf so wenig Resonanz getroffen sind.

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