Machtlfing:Alles öko, oder was?

Lesezeit: 2 min

Guido Schmidt bei der Verleihung des Wirtschaftspreises 2012. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Machtlfinger Druckerei Ulenspiegel verschreibt sich der Gemeinwohlökonomie

Von Otto Fritscher, Machtlfing

Woran bemessen sich Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens? Klar doch, am Gewinn, den die Geschäftstätigkeit abwirft, das ist verbreitete Meinung. Doch es gibt Unternehmer - und auch Ökonomen -, die andere Messlatten anlegen, als möglichst hohe schwarze Zahlen in der Bilanz. Da wären etwa Kriterien wie "Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit sowie demokratische Mitbestimmung und Toleranz". Hehre Ideale, vielleicht gar Hirngespinste in Zeiten des Turbokapitalismus?

"Nein", sagt Jörn Wiedemann. Er war früher Banker und Vermögensverwalter, heute gilt Wiedemann als der bekanntester Ansprechpartner für die sogenannte Gemeinwohl-Ökonomie im deutschsprachigen Raum. Er bezeichnet diese als "Wirtschaftsmodell mit Zukunft". Die eingangs genannten Kriterien gehören zur "Gemeinwohlmatrix 4.1", an der sich Unternehmen, die sich der Gemeinwohl-Ökonomie verschreiben wollen, im Umgang mit Lieferanten, Geldgebern, Mitarbeitern und Kunden orientieren sollen.

Solche Unternehmen sind bislang Exoten, doch auch im Landkreis Starnberg gibt es schon einzelne Exemplare, wie etwa die Druckerei Ulenspiegel in Machtlfing. Sie sei "die einzige Öko-Druckerei im Regierungsbezirk Oberbayern, die zudem bereits zum achten Mal mit dem Emas-Zertifikat ausgezeichnet wird, dem weltweit anspruchsvollsten nachhaltigen Umweltmanagementsystem", lobte Wirtschaftsförderer Christoph Winkelkötter bei einem Besuch des Unternehmens.

Dessen Gründer Guido Schmidt hat im vergangenen Jahre die Führung der Druckerei in jüngere Hände gelegt und sich von allen Geschäftsanteilen getrennt. Barbara Classen, Christoph Merk und Stephan Maier fungieren jetzt als Geschäftsführer, Schmidt bezeichnet sich als "Berater in Umweltfragen". "Also vom Chef zum Senior Consultant", sagt er und lacht. Das Loslassen sei nicht einfach gewesen, schließlich habe er das Unternehmen 1978 gegründet und seitdem geführt. Und das nicht ohne wirtschaftlichen Erfolg. Die Auftragslage sei immerhin "ordentlich".

Warum er sich vom Chefposten zurückgezogen hat, erklärt Schmidt so: "Ich bin jetzt 62 Jahre alt. Und wenn eine Maschine für zwei Millionen Euro angeschafft werden müsste, will ich die nicht noch abbezahlen, wenn ich 80 bin." Aber eines neuen Projekts hat sich Schmidt gerne angenommen. Er will in diesem Jahr die erste Gemeinwohlökonomie-Bilanz von Ulenspiegel Druck vorlegen. "Wie das genau geht, muss sich noch zeigen. Wir haben erst angefangen, uns einzuarbeiten", sagt Schmidt. "Achtsamkeit" sei dabei ein wichtiges Wort.

Neue Mitarbeiter werden erst mal mit der Firmenkultur vertraut gemacht, die Außenstehende irgendwie an eine Wohngemeinschaft erinnert. "Wir kochen jeden Mittag zusammen", erklärt Schmidt, es gibt einen Plan, wer Küchendienst hat, und davon gebe es keine Ausnahme. Außerdem engagiert sich das kleine Unternehmen, das zehn Mitarbeiter hat, bei sozialen Projekten in Entwicklungsländern, der Kaffee wird direkt bei einer Kooperative in Südamerika eingekauft.

© SZ vom 10.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: