Kurzfilmfestival in Dießen:Grenzenlos sehen

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Bei der siebten Auflage des Kurzfilmfestivals des Dießener Heimatvereins sind erstmals auch fremdsprachige Beiträge willkommen. Regisseure aus Israel, Italien und dem Iran haben ihr Kommen zugesagt. Themenschwerpunkte sind Menschenrechte, Migration und Toleranz

Von Armin Greune, Dießen

Mit frischen Ideen und einem runderneuerten Konzept haben Nina Munker und Ulrike Kreutzer die Leitung des Dießener Kurzfilmfestivals übernommen. Zur siebten Auflage öffnet sich die Veranstaltung erstmals für fremdsprachige Wettbewerbsbeiträge: Vom 5. bis 8. Oktober werden unter anderem drei Filmemacher aus Israel und Kollegen aus dem Iran, Großbritannien, Italien und Spanien erwartet, die ihre Streifen vorstellen wollen. Geradezu folgerichtig steht das Festival erstmals unter einem Schwerpunktthema, das Toleranz, Migration und Menschenrechte umfasst. Eigens zu diesem Aspekt wurde ein neuer Sonderpreis geschaffen, den Amnesty International vergeben wird.

Für die internationalen Ausschreibung des Wettbewerbs bestanden noch keine thematischen Vorgaben. Auch bei der im Januar begonnenen Vorauswahl habe die Jury nicht nur unter humanitären Gesichtspunkten geurteilt, sagt Kreutzer: "Aber in dieser Zeit hat sich natürlich politisch viel getan, da mag man dann nicht nur die witzigen deutschen Filme zeigen". Etwa 400 Beiträge wurden "in sehr intensiven Auseinandersetzungen" gesichtet, das Team des Dießener Heimatvereins musste zu "anderen Sehgewohnheiten und Erzählweisen einen neuen Konsens finden".

In der Öffnung für ausländische Beiträge sehen die Festivalmacherinnen vor allem eine Bereicherung. Die bisherige Beschränkung auf deutschsprachige Beiträge hatte zwangsläufig dazu geführt, dass zuletzt im Programm Abschlussarbeiten deutscher Filmhochschulen dominierten, die mit großem Produktionsaufwand realisiert wurden und bundesweit auf vielen Wettbewerben liefen. Diesmal wolle man wieder mehr Streifen zeigen, die weniger durch Professionalität als mit originellen Themen oder Umsetzungen überzeugen, sagt Munker: Für sein kleines Festival lägen dem Team des Heimatvereins gerade "die kleinen, technisch vielleicht nicht perfekten Beiträge" am Herzen.

Der Film "Wasserläufer" schildert das Leben syrischer Flüchtlingsfamilien in Istanbul. Regisseur Beston Zirian kommt zur Festivaleröffnung. (Foto: Kurzfilmfestival)

Überrascht waren die Veranstalter darüber, auf welchen Enthusiasmus ihr Festival im Ausland traf. "Tatsächlich kommen jetzt mehr internationale als deutsche Filmemacher", sagt Kreutzer. Freilich stammen auch nur mehr 14 Beiträge zu den beiden Wettbewerben aus dem Inland und 24 aus aller Welt: Darunter finden sich Filme aus Singapur, Bahrain und Mauritius. Konsequenterweise werden die meisten Streifen im Programm und Internet ( www.kurzfilmfestival-diessen.de) auf englisch vorgestellt. Beim Ansehen seien aber keine Sprachbarrieren zu befürchten, versichert Kreutzer: Entweder zeige man die Filme mit Untertiteln oder die Geschichten erschließen sich ohne Worte.

"In Zeiten, in denen Grenzen wieder geschlossen werden, möchten wir dazu einladen, sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die uns fremd erscheinen und Angst machen", sagt Kreutzer. Sie betont, dass sich das Festivalteam diesem Motiv nicht nur mit tierischem Ernst nähern will: "Um nicht immer nur betroffen zu sein", wie es Munker ausdrückt, wurde etwa für den Auftaktabend der Videoblogger Abdul Abbasi eingeladen. Er nimmt mit zwei anderen jungen Flüchtlingen aus Syrien unter dem Label "German Lifestyle" bei Youtube und Facebook als selbstironischer Botschafter zur Integration Stellung: "Sehr lustig, sehr eloquent", findet Kreutzer. Am Eröffnungsabend zeigt außerdem der deutsch-türkische Filmemacher Beston Zirion seinen Film "Wasserläufer": das Porträt einer Familie aus Syrien, die sich in Istanbul mit Gelegenheitsjobs durchschlägt.

Neben der Auszeichnung der Jury und dem Amnesty International Award werden wieder erste und zweite Preise im Kurzspielfilm und Doku-Wettbewerb verliehen. Über ihre Vergabe entscheidet wie immer das Publikum, auf die "Best-Of-Runde" mit finalem Votum am Abschlusstag wird aber diesmal verzichtet: Am Samstagabend steht im "Club 1516" nur mehr Preisverleihung und Party auf dem Programm. Anstelle der traditionellen Filmfahnen als Trophäe hat die Dießener Künstlerin Katharina Ranftl eine bronzefarbene Statuette geschaffen, die den "Dießener Kurzfilmhelden" darstellt.

Spielstätten des Festivals sind die Kinowelt am Ammersee und das Augustinum. Das Rahmenprogramm findet an neun weiteren Orten statt: Es ist mit drei Ausstellungen, drei Workshops und zwei Konzerten breiter denn je gefächert. Das Kinderfilmfestival "Flimmerfisch" steht heuer unter dem Thema "Fremde Welten", ein Beitrag stammt von Schülern des Ammersee-Gymnasiums. Vor zwei Jahren hatten die Medienpädagoginnen Munker und Kreutzer aus der On-Off-Kulturwerkstatt den "Flimmerfisch" ins Leben gerufen. Anschließend lösten sie Christine Reichert ab, die seit Beginn 2004 das Festival leitete.

Der Vorverkauf läuft in der Kinowelt und dem Dießener Haushaltswarenladen Hudler. Workshop-Anmeldungen unter der genannten Internetadresse.

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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