Kultur:Zwischen Paradies und Hölle

Christiana Biron stellt in Seeshaupt kleinteilige Collagen aus, in denen sie von Träumen und Kriegern erzählt. Manche dieser ästhetischen Preziosen muten grausam und schmerzhaft an, manche aber auch sehr poetisch und versöhnlich

Von Katja Sebald, Seeshaupt

Christiana Biron ist eine malende Erzählerin. Mit fünfzig kleinformatigen Collagen erzählt sie in ihrer aktuellen Ausstellung in der Seeresidenz Alte Post in Seeshaupt Geschichten "Von Träumen und Kriegern". Nicht wenige sind grausam und schmerzhaft, nur manchmal findet sie ein poetisches und versöhnliches Ende. Meistens jedoch kann der Betrachter sich mit der zarten und feinteiligen Ästhetik dieser künstlerischen Preziosen trösten.

Seeshaupt,  Residenz, Ausstellung Christiana Biron / tiana-alexis

Ohne Erklärung: Alle Bilder der malenden Erzählerin Christiana Biron heißen "o.T.".

(Foto: Georgine Treybal)

Christiana Biron, eigentlich eine Prinzessin aus der Familie Biron von Curland, die auch unter dem kleingeschriebenen Pseudonym "tiana-alexis" ausstellt, wurde 1977 in München geboren und lebt seit einigen Jahren in Ammerland. Nach einer Ausbildung zur Kommunikationsdesignerin im Institut für Grafik und Design in Hamburg zog sie 2004 für einige Jahre nach Sarajevo.

Ihre Eindrücke vom Leben in der zerbombten Stadt und von der ethnischen Vielfalt, auf die sie dort traf, fanden Niederschlag in ihrer künstlerischen Arbeit: Seither entstehen kleinteilige Collagen, die gleichsam aus Bruchstücken neue Verbindungen schaffen, die Zerrissenes und Verletztes heilen oder doch zumindest sichtbar machen wollen. Darüber hinaus arbeitet sie seit 2006 mit Kindern, denen sie Kreativunterricht gibt, unter anderem in einem Kinderheim in Sarajevo, in einem Bildungszentrum in Berlin und in einer Flüchtlingsunterkunft in Seeheim. 2016 machte sie, mittlerweile Mutter einer Tochter, ein zusätzliches Diplom als Waldorf-Werklehrerin.

Seeshaupt,  Residenz, Ausstellung Christiana Biron / tiana-alexis

Die Ausstellung "Von Träumen und Kriegern" ist noch bis zum Sonntag, 4. März, in der Seeresidenz Alte Post in Seeshaupt zu sehen.

(Foto: Georgine Treybal)

Den Collagen von Christiana Biron haftet stets etwas Geheimnisvolles an. Oftmals werden sie von einigen Textzeilen begleitet, die jedoch nur in den seltensten Fällen eine eindeutige Erklärung für das Dargestellte liefern. "Ich kenne Kindheit nur aus Büchern, mir hat sie der Krieg geraubt", steht unter einem dieser Bilder. Und man könnte vermuten, dass es sich hier um ein Zitat handelt, ebenso wie bei dem Motiv der Einladungskarte, einer an einem dunklen Strand kauernden, kopflosen weiblichen Figur, die von dem Satz "Auf der Suche nach Dir, Glück, habe ich Dich verloren" begleitet wird. Oft aber brauchen die kryptisch-surrealen Bilderzählungen gar keinen erläuternden Text, sie können für sich stehen und den Raum für Assoziationen öffnen.

Seeshaupt,  Residenz, Ausstellung Christiana Biron / tiana-alexis

Christiana Biron erzählt in ihren Collagen von Träumen und Kriegern.

(Foto: Georgine Treybal)

Jede einzelne dieser Collagen ist ein Unikat, das sich eigenwillig gegen gängige Praktiken von digitaler Montage und massenhafter Bild-Reproduktion sperrt. Vielmehr werden Bildzitate und kleine Ausschnitte von Fotografien, filigrane Zeichnungen, Fragmente von Notenblättern und Fundstücke aus der Natur wie Federn, Blätter, Gräser und Blüten von Hand so sorgfältig zu farblich nuancierten Bildkompositionen zusammengesetzt, dass man das fertige Bild zuweilen eher als nahtlose Einheit denn als Collage wahrnehmen möchte. Manchmal tauchen die individuellen Rahmen, Fundstücke vom Flohmarkt vielleicht, im Bild noch einmal als Zitat auf und sorgen so für verschwimmende Realitätsebenen. Manchmal aber tritt der schlichte Holzrahmen ganz in den Hintergrund und schafft eine Bühne für die Protagonisten des Bildgeschehens: Gehörnte und geflügelte Wesen, Skulpturen und echte Nackte, Märchenfiguren, Menschen und Engelsgestalten, Fische, Vögel und andere Tiere, Bewaffnete und Stigmatisierte, Kriegsgötter und Pin-up-Girls versammeln sich in diesen winzigen Traumwelten, die irgendwo zwischen Paradies und Apokalypse zu suchen sind. Nicht selten sind sie düster und beängstigend, manchmal aber auch hoffnungslos romantisch. Es lohnt sich, genau hinzuschauen.

Die Ausstellung "Von Träumen und Kriegern" ist noch bis zum Sonntag, 4. März, in der Seeresidenz Alte Post in Seeshaupt zu sehen.

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