Kultur:Vier Jahrhunderte Bach

Lise de la Salle im bosco; Lise de la Salle im bosco

Souverän: Lise de la Salle beim Auftritt im Gautinger Bosco.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Lise de la Salle im Bosco mit ihrer Hommage an den Barockmeister

Von Reinhard Palmer, Gauting

Wohl kein anderer Komponist hat jemals seine Nachfolger so intensiv beschäftigt wie Johann Sebastian Bach. Sein Werk liefert bis heute genügend relevante Inhalte in formaler wie geistiger Hinsicht dafür, in der Auseinandersetzung damit anspruchsvolles Neues zu erschaffen. Ein CD-Projekt, in dem es um Bach und die Rezeption seines Werkes geht, ist daher schon ein Großunternehmen.

Die junge französische Pianistin Lise de la Salle stellte damit im Gautinger Kulturhaus Bosco etwas ganz Besonderes vor. Zumal sich in der Kompilation Stücke finden, die nicht gerade zum gängigen Konzertrepertoire gehören. So etwa Präludium und Fuge op. 46 des französischen Komponisten Albert Roussel von 1932 bis 1934, die für den Sammelband "Hommage à J.S.Bach" entstanden.

Hatte man zuvor die Interpretation des Italienischen Konzerts F-Dur zumindest in den Rahmensätzen als kraftvoll empfunden, so wurde nun klar: Lise de la Salles spieltechnisches Vermögen reicht noch viel weiter. Roussels spröder, ja nüchterner Stil hat etwas urwüchsiges und orientiert sich daher weniger an Bachs Poetik als vielmehr an den monumentalen Werken von barockem Pathos. Diese Auffassung teilte laut Interpretation der Französin auch Francis Poulenc mit Roussel, kam doch sein "Valse Improvisation sur le nom de Bach" als entfesselter Tanztaumel daher, zumal de la Salle die Tempi generell ordentlich anzog.

Demgegenüber offenbarte Liszts Fantasie und Fuge über das Thema B-A-C-H ein klares Bekenntnis zum Virtuosentum des 19. Jahrhunderts. Auch wenn die Pianistin hier noch nicht zu ihrer gewohnten Selbstsicherheit fand und bisweilen schon mal über manche Passagen nachlässig hinweghuschte, kam Liszts Brillanz und die Protzerei eines Klaviergiganten überzeugend zum Vorschein. Dem standen Ferruccio Busonis Bearbeitungen der Ciaccona aus der Partita für Violine Solo BWV 1004 in nichts nach. Doch Busoni wagte die zeitgemäße Ausweitung des Werkes wesentlich behutsamer, sodass de la Salle die Möglichkeit an die Hand bekam, mit einem mächtigen und bravourös-virtuosen Finale in perlender Diktion nachhaltig zu beeindrucken.

Aber die Pianistin war in Gauting keinesfalls angetreten, nur ungehemmt zu protzen. Das Siciliano der Flötensonate BWV 1031 in der Transkription der Pianistenlegende Wilhelm Kempff bezauberte mit seiner filigranen Sanglichkeit, so wie schon das Andante des Italienischen Konzerts mit lyrischer Weite überzeugte. Die Poesie Bachs interessierte auch Liszt in der Klanggestaltung von Präludium und Fuge im Original für Orgel (BWV 543), vor allem aber den Franzosen Thomas Enhco (geboren. 1988) in den jazzigen Auftragskompositionen, die vor allem in der Atmosphäre Bezug zu bestimmten Bachwerken nahmen. Lang anhaltender Applaus und zwei Zugaben.

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