Kultur:Sensible Präzision

Wörthsee Kammerkonzerte

Mit Einfühlsamkeit und höchster Disziplin überzeugt das "Novus String Quartet" in der Grundschulaula in Wörthsee.

(Foto: Georgine Treybal)

Das "Novus String Quartet" zeigt in der Schulaula von Wörthsee sein Gespür für Klang

Von Reinhard Palmer, Wörthsee

Das Programm war geradezu darauf ausgerichtet, die Stärken des Ensembles zu betonen. Die vier Koreaner des Novus String Quartet, das unter anderem noch während des Studiums an der Münchner Musikhochschule 2012 den zweiten Preis beim Internationalen ARD-Musikwettbewerb erringen konnte, sind ausgesprochene Kammermusiker. Mit Hingabe, Präzision, Sorgfalt und vor allem Disziplin vermögen sie jeden Ton im Ensemble zu denken, ihn entsprechend einhellig auszuformen und klanglich einfühlsam auszubalancieren. Was sie bereits 2013 bei den Kammerkonzerten Wörthsee unter Beweis gestellt hatten, trieben sie nun in der Aula der Wörthseer Schule auf die Spitze. Und dies in höchst feinsinniger Form.

Anlass bot dafür der Langsame Satz für Streichquartett von 1905, den Anton Webern einst als Schüler von Schönberg noch weitgehend ins Brahms'sche Idiom tauchte. Beginnend mit Dämpfern ließ das Ensemble den Quartettsatz in klangschöne Seelentiefen sinken. Zu den aus empfindsamstem Pianissimo-Piano entwickelten Höhepunkten hin hellte sich die Substanz behutsam auf, ließ im dämpferlosen Teil gar Dramatik aufkeimen, um schließlich wieder in wohliger Substanz zart zu verebben. Und auch das ist eine große Stärke des Ensembles: Die schlüssige Dramaturgie, die einen weiten Spannungsbogen zieht, ohne den Reichtum in der plastischen Formung innerhalb des breit gefächerten Auf und Ab zu vernachlässigen. Das erfordert ein enormes Gespür sowohl für die übergeordnete Idee wie auch für die Reize der vielen Einzeleinfälle, die den drei Werken des Abends reichhaltig innewohnen.

Aber die Sache war noch ein Stück komplizierter, denn alle drei Werke blicken auch jeweils auf ein großes Vorbild zurück. Ließ Webern in seinem Quartettsatz Brahms aufleben, so griff Wolfgang Amadeus Mozart in seinem Dissonanzenquartett C-Dur KV 465 Ideen Joseph Haydns auf, während Felix Mendelssohn-Bartholdy mit 18 Jahren in seinem zweiten Streichquartett a-Moll op. 13 mit Nachdruck auf Ludwig van Beethoven verwies. Nicht zuletzt, um das Pariser Publikum der Uraufführung zu ärgern, das mit Beethoven nichts anfangen konnte. Dieser komplizierende Kontext ließ die vier jungen Streicher aber keinesfalls in Verlegenheit geraten, vielmehr gab dies dem Ensemble eine Möglichkeit mehr an die Hand, die gestalterischen Ausprägungen und die spezifischen Ausdrucksgesten treffsicher zu modellieren. Schon Mozart hatte sein Quartett mit unentwegtem Wandel ausgestattet. Das Novus String Quartet behielt jedoch zugleich die Leichtigkeit Mozarts im Ohr, um sie mal mit Wärme, mal mit energische Vitalität, mal mit dramatisierender Trübung abzutönen. Nachdem sich die vier Koreaner viel Zeit für die musikalische Entwicklung des Abends genommen haben, blieb noch Gestaltungsfreiraum für Mendelssohn übrig. Etwa für ein leichtes Tänzchen der Violine über Pizzicato-Unterlage im Intermezzo. Oder für ein Feuerwerk im Finale, das mit Temperament einsetzte, um nach einem aufwühlenden Auf und Ab in warmer Klangschönheit auszuklingen. Ein wunderbarer Quartettabend.

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