Kultur:Im Zeichen der Grunzochsen

Starnberg,  Kirchplatz Eiszauber, The Yaks.

Trotzten der Kälte: Waldi Stieglmeier, Hubi Wobbe, Winni Wobbe und Martl Koller (von links) bei ihrem Auftritt zum Starnberger "Eiszauber".

(Foto: Georgine Treybal)

Die Musiker der einstigen Starnberger Kultband "The Yaks" beweisen auf dem Kirchplatz, dass sie in den vergangenen fünf Jahrzehnten nichts verlernt haben, und rocken mit Songs von Jimmy Hendrix bis "Steppenwolf" ab

Von Reinhard Palmer, Starnberg

Yak: Bos mutus, in etwa gleichbedeutend mit "stummes Rind". Auch tibetischer Grunzochse genannt. Gut, in diesem Fall passte das weniger: The Yaks waren weder stumm noch grunzten sie bei ihrem Auftritt im Rahmenprogramm von "Eiszauber" auf dem Starnberger Kirchplatz. Ganz im Gegenteil, ihre Sangeskunst kann sich immer noch hören lassen, sowohl solistisch als auch im mehrstimmigem Chorus. Sah man die vier Musiker dort bei Eiseskälte und Schneetreiben unterm Zeltdach spielen, konnte durchaus eine gewisse Assoziation zu den rauen Lebensumständen der aussterbenden Riesen aufkommen. Aber was die Mannen der Band zeigten, war alles andere als karg und träge. Zumindest die Generation 50 plus fühlte sich angesprochen, während sich die Jugend auf der Eisfläche zu diesen Klassikern offenbar nicht bekehren lassen wollte. Nach und nach wuchs dennoch die Zuhörerschaft, die es sich nicht nehmen ließ, gegen die Kälte anzuschwofen.

Man kann über die Sechziger- und Siebzigerjahre und ihre wilden Jugendlichen denken, wie man will, eines kann man ihnen keinesfalls in Abrede stellen: ihren Musikgeschmack. Und wie wohl noch nie zuvor und seitdem nie wieder spielte Musik eine so zentrale Rolle in der Umgestaltung der Gesellschaft wie in der Zeit von Woodstock und der Generation der Achtundsechziger. Während sich die Schlagerparaden noch um die konservativen Rollenspiele und um die Nostalgie des Banalen drehten, löste die kernige Rockmusik gewiss auch in Starnberg nur Kopfschütteln aus. Die Brüderpaare Winni und Hubi Wobbe sowie Martl und Eddie Koller taten sich damals zusammen, um aus einem Faschingsscherz Ernst zu machen. Das war 1966, als alle Vier noch unerfahren an den Instrumenten waren und ihre ersten Schritte wagten. Die Band kam rasch voran, sie füllte schließlich große Hallen, dann gab es Umbesetzungen und zuletzt eine Pause. Zum 50. Jubiläum des Gründungstags kam eine der früheren Besetzungen aber wieder zusammen. Hubi Wobbe (Gitarre, Blueharp und Gesang), Waldi Stieglmeier (Keyboard und Gesang), Winni Wobbe (E-Bass, Gesang) und Martl Koller (Schlagzeug) konzertieren seither weiterhin als The Yaks. Die einstigen Rebellen nennt man allerdings längst schon Oldies. Und dennoch ist die Musik nach wie vor präsent und hat auch mehr Einfluss auf die aktuellen Hits, als es den jüngeren Generationen bewusst sein dürfte. Man kommt heute sogar auf so eine absurde Idee, einem Bob Dylan den Nobelpreis für Literatur zu verleihen.

Wie auch immer: The Yaks lassen sich nicht musealisieren und rocken ab, wie in den guten alten Zeiten. Geschlagene zwei Stunden lang lieferte das Quartett Meilensteine der Musikliteratur, beginnend mit Blues, Boogie und Rock'n'Roll bis hin zu poppigen Songs der Beach Boys. Letztere brachten natürlich mit "Sloop John B" und vor allem mit "Barbara Ann" reichlich Sonne ins Programm, die auch schon mit Carlos Santanas "Oye como va" mit blubberndem Hammond-Sound und packenden Gitarrenriffs aufgegangen war.

Aber auch wenn es mit dunklen Grooves in die kernigen Register ging, fehlte es den Interpreten keinesfalls an Feuer. Ihrer Versionen der Rolling-Stones-Gassenhauer "Route 66" und "Honky Tonk Women" heizten mächtig ein. Jimmy Hendrix lieh The Yaks mit "Good Ol'Rock'n'Roll" reichlich Power, den Abend ins Rollen zu bringen, weiterhin vorangetrieben etwa von "Rockin' all over the World" von Status Quo. Mitreißend wurde die Musik immer auch, wenn Rock, Blues und Country zu einer schwungvollen Mischung zusammenfanden, wie etwa bei der Formation Lynyrd Skynyrd, an die mit "Call me the Breeze" und "Sweet Home Alabama" erinnert wurde. Hubi Wobbe vermochte seine Stimme auch bei Steppenwolfs "Rock me" angemessen anzurauen, um dem authentischen Sound möglichst nah zu kommen.

Aber The Yaks servierten ebenso herzerwärmende Balladen wie etwa "New Kid in Town" der Eagles mit sonorem Country-Rock. Das lässig beschwingte "Midnight special" von CCR brachte Leichtigkeit ins Programm, "Hey Jude" von den Beatles gab dem aufgeheiztem Publikumsgrüppchen zum Abschluss die Gelegenheit, mitzusingen und etwas von der trotz erschwerten Bedingungen dennoch aufgekommenen Rockkonzertatmosphäre mitzunehmen. Lang anhaltender, nicht mehr handschuhgedämmter Schlussapplaus.

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