Starnberger Hefte:Geliebte, Verwandte und die Telekom

Begegnungen aller Art sind Thema in der neuen Ausgabe der Starnberger Hefte. Zu den Autoren der kleinen Literaturzeitschrift gehören viele ehemalige Schüler und Lehrer des Starnberger Gymnasiums.

Von Katja Sebald, Starnberg

Das Motto "Wiesenschaumkraut" schwebt über der neuen Ausgabe der Starnberger Hefte. Es habe sich angeboten, "wegen des Versprechens von Frühling, das es sicher halten wird", schreibt der Herausgeber, Ernst Quester, in seinem Vorwort. Und gleich im ersten Gedicht des neuen Bandes taucht es wieder auf: Da wächst es "am Bahnhof" zwischen den Gleisen, so unerwartet und so unprätentiös schön, wie die kleine Literaturzeitschrift seit einigen Jahren im Kulturleben der Stadt sprießt.

Wieder einmal hatte sich die eingeschworene Fangemeinde der Starnberger Hefte, die aus einem Literaturzirkel am Starnberger Gymnasium hervorgegangen ist, bei der Vorstellung am vergangenen Mittwoch versammelt, um den neuen Texten zu lauschen. Und wie immer gehörten zum Publikum wie auch zu den Autoren Schüler und ehemalige Schüler, aber auch Lehrer und ehemalige Lehrer. Das Frühlingsheft kreist "um Begegnungen und Beziehungen, die durch Liebe, Verwandtschaft oder Nachbarschaft bestimmt sind", so das Vorwort. Manche davon beginnen harmlos wie ein Schulaufsatz und enden wie ein Horrorfilm: Julia Behr zum Beispiel schildert im Stil einer Erlebniserzählung, wie sie ihre ganze Familie mit einem Pilzgericht auslöscht und kommt in einem weiteren Text zu dem Ergebnis, dass die zehn Gebote ohnehin nur für Männer gelten; wie sonst wäre "Du sollst nicht begehren Deines nächsten Weib" zu deuten? Nicht ganz so schlimm endet ein merkwürdig humoristisches Gedicht von Olaf Neumann, das eine neue und durchaus schlüssige Antwort auf die altbekannte Frage liefert, warum die Banane krumm ist.

Die ehemalige Lehrerin Brigitte Reihl hatte sich mit ihrer ehemaligen Schülerin Susanne von Bülow ausgetauscht und konnte so einen Aufsatz über eine ganz besondere deutsch-deutsche "Grenzunterlaufung" verfassen: Im Jahr 1985 stellte Vicco von Bülow, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Loriot, zum ersten Mal in seiner Geburtsstadt Brandenburg aus; zur Eröffnung stürmten zum größten Erstaunen der Stasi mehr als tausend Besucher aus allen Teilen der DDR den Dom und nahmen die Wiedervereinigung gleichsam vorweg.

"Die Niederlagen der Liebe sind in der Literatur ertragreicher als die Siege", befand Ernst Quester und umspannte damit Florian Schwepkes Gedicht an eine unerreichbare Schöne ebenso wie die letzten Endes doch noch erfolgreichen Bemühungen des "ordentlichen Mannes", den Karin Schreiber in Herrsching beobachtete. Auch Julia Jückstock hatte sich an einem Liebesgedicht mit glücklichem Ausgang versucht. Christine Adler hingegen, auch sie eine ehemalige Schülerin, widmete sich einem recht profanen Thema: Sinn und Zweck der Anschaffung eines neuen Traktors hatte sie in eine heitere Episode gepackt, die sie als ausgebildete Schauspielerin mit viel Verve zum Besten gab.

Sieger nach Punkten aber war an diesem Abend dann doch wieder ein Lehrer, noch dazu mit einer Begebenheit, an der "leider fast nichts erfunden ist", wie Thomas Maier-Bandomer berichtete. Unter dem schönen Titel "Erleben, was verbindet" erzählte er von den leidvollen Erfahrungen, die er bei dem Versuch gemacht hatte, zur Telekom zurückzukehren. Seine Schilderung dieser wahrhaft valentinesken Begegnung und sein knackig-trockener Vortrag waren eine kabarettistische Meisterleistung.

Die "Starnberger Hefte" können über den Buchhandel oder direkt unter www.starnberger-hefte.de gekauft werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: