Kultur:Albrecht-Haushofer-Gymnasium

Der Historiker und frühere Rektor Toni Aigner plädiert bei der Ausstellungseröffnung dafür, die künftige Schule in Herrsching nach dem Widerstandskämpfer und Literaten zu benennen

Von Katja Sebald, Herrsching

Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer, das neue Gymnasium in Herrsching nach dem NS-Widerstandskämpfer Albrecht Haushofer zu benennen, hat der Historiker und ehemalige Volksschullehrer Toni Aigner am Sonntagvormittag seine Rede im Herrschinger Kurparkschlösschen beendet. Dort ist auf Initiative des Kulturvereins bis zum Samstag die Wanderausstellung "Albrecht Haushofer und das Werdenfelser Land" zu sehen sein, die von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin konzipiert wurde.

Die Idee, Albrecht Haushofer als Namenspatron für eine Schule in der Nähe seines ehemaligen Wohnorts zu wählen, ist nicht neu. Schon 2006 hatte sich der Weilheimer Germanist Friedrich Denk dafür eingesetzt, das seinerzeit neue Gymnasium in Dießen nach ihm zu benennen. Auch in Gilching hatte es vor Jahren solche Bestrebungen gegeben. Von dort waren ehemalige Lehrer zur Ausstellungseröffnung nach Herrsching gekommen: Sie spendeten Aigner viel Beifall für seinen erneuten Vorstoß. "Ich weiß aus eigener Erfahrung, was ein Namenspatron einer Schule gibt", betonte Aigner, der Rektor an der Carl-Orff-Schule in Andechs war.

Kultur: Toni Aigner (links) präsentierte am Sonntag im Herrschinger Kurparkschlößchen die Wanderausstellung "Wider das Vergessen".

Toni Aigner (links) präsentierte am Sonntag im Herrschinger Kurparkschlößchen die Wanderausstellung "Wider das Vergessen".

(Foto: Arlet Ulfers)

Albrecht Haushofer ist bekannt für seine "Moabiter Sonette", eine Sammlung von achtzig Gedichten, die er im Wissen um den nahenden Tod im Gefängnis an der Lehrter Straße in Berlin verfasste. Am 23. April 1945, unmittelbar vor der Befreiung Berlins durch die Alliierten, wurde er zusammen mit anderen Häftlingen von einem SS-Kommando erschossen. Sein Bruder fand den Toten drei Wochen später, in der Manteltasche hielt er fest umklammert vier eng beschriebene Blätter mit den Sonetten, seinem literarischen Vermächtnis. Schon Friedrich Denk hatte Albrecht Haushofer als konsequentesten und bedeutendsten regimekritischen Autor der NS-Zeit beschrieben. Er habe unter den Augen des verbrecherischen Regimes seine Dramen veröffentlicht und den Machtmissbrauch der Nationalsozialisten früher und deutlicher kritisiert als alle Schriftstellerkollegen. Nicht nur als Dichter, sondern auch als Politiker - Haushofer hatte als Berater von Rudolf Hess Kontakt zur gesamten NS-Führung - habe er geradezu fieberhaft versucht, den Krieg zu verhindern.

Auch Aigner, der in seiner Rede noch einmal Haushofers Leben und dessen besondere Tragik Revue passieren ließ, zitierte Carl Friedrich von Weizsäcker, der über den Freund gesagt hatte, keiner habe die kommende Katastrophe so früh und so klar vorausgesehen wie er. Dennoch klagt sich Haushofer im 39. der Moabiter Sonette unerbittlich selbst an: "Doch schuldig bin ich. Anders als Ihr denkt! /Ich musste früher meine Pflicht erkennen, /Ich musste schärfer Unheil Unheil nennen..."

Kultur: Albrecht Haushofer ist im Fünfseenland aufgewachsen.

Albrecht Haushofer ist im Fünfseenland aufgewachsen.

(Foto: Arlet Ulfers)

Die Familie Haushofer lebte - und lebt noch immer - auf dem Hartschimmelhof oberhalb von Aidenried. Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944, für das Albrecht als einer der intellektuellen Urheber gilt, auch wenn er nicht unmittelbar beteiligt war, hatte er sich mehrere Wochen lang an verschiedenen Orten in Machtlfing und dann auf einem Hof in den Bergen bei Partenkirchen versteckt. Die Ausstellung, zu der es eine ausführliche Broschüre gibt, würdigt auch die Menschen, die ihm Zuflucht gewährten. In Machtlfing wurde zu ihrem Gedenken vor kurzem eine Erinnerungsstele aufgestellt. Einige Gedichtzeilen über die Heimat, die Haushofer nicht verlassen wollte, werden dort zitiert. Auch in der Ausstellung gibt es ein paar, leider viel zu wenige Zeilen aus den Sonetten, die eindringlich für sich sprechen. So schreibt er über die Gefängniszelle: "Ich bin der erste nicht in diesem Raum / In dessen Handgelenk die Fessel schneidet / An dessen Gram sich fremder Wille weidet." Und schließlich über die Mutter: Sie habe ihn beim letzten Besuch verabschiedet "mit einem Lächeln, das nur Weinen ist".

Die Ausstellung ist bis zum 28.10. montags bis freitags von 15 bis 18 und am Samstag von 11 bis 18 Uhr zu sehen. Finissage ist am Samstag, 17 Uhr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: