Krailling:Urkäfer bremst Altenheim-Ausbau

Krailling: Seltene Käfer leben bei Maria Eich. Michael Wagner von der Unteren Naturschutzbehörde zeigt einige der Insekten auf einem Infoblatt.

Seltene Käfer leben bei Maria Eich. Michael Wagner von der Unteren Naturschutzbehörde zeigt einige der Insekten auf einem Infoblatt.

(Foto: Robert Haas)

Gemeinderäte wollen eine Untersuchung zum Vorkommen der Tiere bei Maria Eich abwarten. Und das dauert. Bürgermeisterin Christine Borst nennt das eine Blockade-Politik.

Von Carolin Fries

Die Bürgermeisterin konnte ihre Wut und Enttäuschung kaum zurückhalten. "Das ist ein Witz. Lachen Sie nicht!", maulte Christine Borst (CSU) und blaffte in die Runde: "Da haben Sie Krailling keinen Gefallen getan." Streitpunkt im Gemeinderat am Dienstagabend war einmal mehr die umstrittene Erweiterung des Caritas-Altenheims am Ende der Rudolf-von-Hirsch-Straße. Einmal mehr drehte sich die Debatte im Kreis. Das Ergebnis: Solange keine ausführlichen artenschutzrechtlichen Gutachten zum Vorkommen der seltenen Urkäfer-Arten aus dem Klosterwald Maria Eich vorliegen, wird weder gebaut noch geplant.

In einem Anbau auf 5000 Quadratmetern möchte die Caritas 38 Wohnungen für Betreutes Wohnen schaffen, ein Vorhaben, das im Gemeinderat grundsätzlich auf Wohlwollen stößt. Wäre da nicht die Lage mitten im Wald, der an das Kloster Maria Eich grenzt. In den alten Eichen wurden vor einigen Jahren sogenannte xylobionte Käfer entdeckt, deren Lebensraum sich womöglich auch den Wald entlang der Rudolf-von-Hirsch-Straße bis zur Kraillinger Grundschule erstreckt.

Fachleute der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt München fanden in den Bäumen bei Maria Eich weit mehr als 200, teils ausgestorben geglaubte Käferarten, 88 dieser Arten stehen auf der Roten Liste. Entdeckt wurden zudem seltene Vogelarten und weitere Käfer, von denen - und das wird als Sensation gewertet - acht sogenannte Urwaldreliktarten sind, die in Deutschland nur noch extrem selten vorkommen. Umfangreiche Untersuchungen zum Verbreitungsgebiet des Käfers hat der Kraillinger Gemeinderat im Herbst vergangenen Jahres beschlossen; sie laufen den ganzen Sommer über. Bis Ergebnisse vorliegen, womit frühestens im Herbst gerechnet werden kann, wollen Grüne, FBK und SPD weder einer Änderung des Flächennutzungsplanes noch einem Bebauungsplan zustimmen, was Bürgermeisterin Borst als Blockade-Politik bezeichnete. Denn für die Fläche des geplanten Erweiterungsbaus liegt bereits ein Gutachten vor, welches keine artenschutzrechtliche Problematik bescheinige. Die Bürgermeisterin bot dem Gemeinderat deshalb einen Kompromiss an: Die Flächennutzungsplanänderung zur Altenheim-Erweiterung räumlich auf den geringstmöglichen Umgriff reduzieren und diese zügig vorantreiben. Parallel dazu könnte der Gemeinderat in einem neuen Verfahren ohne Zeitdruck Wald und Käfer berücksichtigen, wenn Klarheit besteht, wo genau die Tiere leben.

Dem Vorschlag folgte das Gremium nach anfänglicher Skepsis mehrheitlich und stimmte einem neuen Verfahren zur Flächennutzungsplanänderung zu. Bei der Altenheim-Erweiterung aber verwehrten Grüne, SPD und FBK ihre Zustimmung. Man zweifele das vorgelegte Gutachten zum Artenschutz an, sagte Adrienne Akontz (Grüne), weil es veraltete Luftbilder zugrunde lege und "handwerkliche Fehler" aufweise. Außerdem hätte man sich eine "konstruktivere Zusammenarbeit" mit der Rathausverwaltung gewünscht. Mit 8:8 Stimmen wurde das Vorhaben abgelehnt. Drei CSU-Gemeinderäte waren wegen persönlicher Beteiligung von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen.

Neben artenschutzrechtlicher Bedenken hatte es auch seitens der Bürger Vorbehalte gegeben. Sie befürchteten außer zunehmendem Verkehr vor allem, dass mit den Änderungen langfristig eine weitere Bebauung im Wald zulasse. 33 Kraillinger hatten Stellungnahmen eingereicht. Diese aber scheinen das Vorhaben - anders als der Käfer - nicht zu bremsen. Auf die Frage von Borst, wann erneut über die Altenheim-Erweiterung beraten werden könne, sagte SPD-Gemeinderat Stephan Bock: "Lassen Sie uns wieder abstimmen, wenn die Ergebnisse der Untersuchungen vorliegen."

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